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Brennende Liebe, brennendes Haus

Von Daniel Bischof

Strafprozess um trunksüchtigen Mann. Er soll eine Frau gestalkt und versucht haben, ihre Wohnung anzuzünden.


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Wien. Zig Male ist Herr W. bereits als Angeklagter vor dem Richter gesessen. Am Mittwoch war es wieder so weit. Der 41-Jährige nahm auf der Anklagebank im Saal 303 des Straflandesgerichts Wien Platz. "Haben Sie Vorstrafen?", fragte ihn Richterin Nina Steindl. "Ja. Aber i waas ned mehr, wie vül", antwortete er. Acht einschlägige Vorstrafen seien es, klärte ihn Steindl, die Vorsitzende des Schöffensenats, auf.

Ob eine weitere Strafe hinzukommen soll, darüber hatte der Senat zu entscheiden. Herr W. soll laut Anklage eine Frau gegen ihren Willen über Wochen ständig kontaktiert haben. Bereits im Oktober 2016 habe er ihr gedroht, er werde ihr Haus anzünden, falls sie mit ihm keine Beziehung eingehe. Am 2. November soll W. dann in das Haus gelangt und an zwei Orten einen Brand gelegt haben. Nur durch das rasche Eingreifen der Feuerwehr habe Schlimmeres verhindert werden können. Neben schwerer Nötigung und beharrlicher Verfolgung ist er deswegen auch wegen Brandstiftung angeklagt.

Herr W. sei kein "typischer Brandstifter", sagte Verteidiger Matthias Cernusca. "Er war schwer verliebt, er wollte mit ihr Kontakt halten." Die Tat habe weiters einen "suizidalen Hintergrund". Der 41-Jährige leide an einer "massiven Alkoholerkrankung", erklärte Cernusca.

"Dieser Mensch ist suchtkrank", bestätigte Gerichtspsychiater Karl Dantendorfer. Der Angeklagte sei "intellektuell minderbegabt". Durch seine Alkoholsucht habe er sein Gehirn geschädigt. Eine positive Prognose konnte Dantendorfer W. nicht ausstellen, aber: "Er ist nicht einer von den völlig aussichtslosen Fällen."

"Ich verstehe ihn nicht"

Vor Gericht redete W. äußerst unklar und nuschelte, was die Schriftführerin frustrierte. "Ich verstehe ihn nicht. Er redet so undeutlich", bemängelte sie. Auch unterbrach er mehrmals die Richterin. "Psscht! Lass die Frau Rat reden", maßregelte ihn die Justizwachebeamtin.

W. - er befindet sich in Untersuchungshaft - zeigte sich teilweise geständig. "Stimmt net. Hob i net gemacht", sagte er öfters. Dass er das Feuer gelegt hat, bestritt W. jedoch nicht. "Ich wollte mich umbringen, indem ich das Haus anzünde", berichtete er.

Einigkeit herrschte darüber, dass sich die Frau und er während eines stationären Aufenthaltes auf der Baumgartner Höhe kennengelernt haben. Danach habe er mehrere Wochen bei ihr im Haus geschlafen, behauptete W. - "Trunken hamma auch was." Ob das stimmt, konnte nicht verifiziert werden, da die Frau nicht vor Gericht erschien. "Es geht ihr sehr schlecht", erklärte die Opfer- und Privatbeteiligtenvertreterin. Gewisse Anklagevorwürfe wurden deswegen ausgeschieden. Sie werden in einem anderen Prozess verhandelt werden.

Die Frau dürfte dem 41-Jährigen zu verstehen gegeben haben, dass sie keine Beziehung mit ihm wolle. Eine Entscheidung, die der Angeklagte nicht akzeptiert haben dürfte. Hunderte Anrufversuche und SMS sind im Gerichtsakt dokumentiert. "Ich will dich"; "Ich mach was, dass du ausziehen musst aus dem Haus", schrieb er ihr beispielsweise.

Eine Zeugin berichtete, sie sei mit dem Mann am Vorfallstag im Bus gefahren. Der betrunkene Angeklagte habe den Busfahrer angepöbelt. Zwei Tage nach Halloween habe sie gedacht, der Mann sei "von den Feierlichkeiten übergeblieben". Sie sei mit ihm ausgestiegen und habe dann gesehen, wie er vor der Haustür bedrohlich vor der verängstigten Frau gestanden sei.

Zur Entwöhnung eingewiesen

Nochmals mit den Vorwürfen konfrontiert, zeigte sich der Angeklagte gegen Verhandlungsende einsichtiger. "Ich geniere mich für des alles", sagte er. Er wolle einen Alkoholentzug machen. Verteidiger Cernusca plädierte: "Er ist an der letzten Kreuzung seines Lebensweges, wo er noch richtig abbiegen kann."

Der Schöffensenat verurteilte W. zu einer 22-monatigen, unbedingten Freiheitsstrafe. Zudem wird er in eine Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher eingewiesen. Dort kann er seine Haft absitzen und eine Entzugstherapie absolvieren. Sollte diese erfolgreich sein, wird er in ein "normales" Gefängnis überstellt. Der Angeklagte erbat drei Tage Bedenkzeit, die Staatsanwaltschaft gab keine Erklärung ab. Das Urteil ist damit noch nicht rechtskräftig.