Premierministerin May fürchtet den Pro-EU-Kurs des künftigen Präsidenten Frankreichs.
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London. Die britische Premierministerin Theresa May hat Emmanuel Macron zu seinem Sieg gratuliert - und die meisten Briten sind erleichtert, dass es nicht zu einem Le-Pen-Triumph kam. May und ihre Minister fürchten aber, dass sich mit dem neuen französischen Präsidenten die Position der EU zum Brexit weiter verhärtet. Brexit-Hardliner und britische Rechtspresse reagierten ausgesprochen frostig auf Macrons Erfolg.
So erklärte der rechtskonservative Daily Telegraph am Montag: "Frankreichs neue Hoffnung wirft einen Schatten auf Brexit." Die EU-feindlichen Boulevardblätter Sun und Daily Mail, die in der Regierungszentrale aufmerksam gelesen werden, fanden auf ihren Titelseiten überhaupt keinen Platz für Macrons Sieg. Als Marine Le Pen es vor zwei Wochen in die zweite Runde schaffte, hatte die Mail noch über "die neue Französische Revolution" gejubelt. Diesmal war die Frontseite für Prinz Harrys Amouren reserviert.
Regelrecht gehässig wurde der von Ex-Ukip-Chef Nigel Farage gegründete Verband "Leave.EU": Wie schon 1940 habe Frankreich auch jetzt vor Deutschland "gekuscht" - nur hätten sich die Deutschen diesmal "den Treibstoff und die Kugeln gespart". Farage nannte Macron abfällig "Junckers Puppe". Die Gruppe "Freedom Association" erklärte, mit seiner Vorliebe für ältere Frauen werde Macron "einen ausgezeichneten Schoßhund für Angela Merkel abgeben".
Den Brexit-Wortführern der Insel, die auf den Zerfall der EU hoffen, ist der neue, pro-europäische Präsident ein Dorn im Auge. Macron hatte mehrfach erklärt, es könne für die Briten keine "besondere Behandlung" geben. Der Brexit sei geradezu "kriminell", die EU müsse ihre eigenen Interessen obenan stellen. Bei einem Besuch in London hatte er sogar Banker und Akademiker aufgefordert, nach Frankreich zu übersiedeln, um den Folgen des Brexit zu entgehen. Darüber hinaus will Macron den Vertrag von Touquet neu aushandeln, mit dem die britische Grenze einmal von Dover nach Calais verlegt wurde. Für nach England drängende, auf französischer Seite sitzende Flüchtlinge, meint er, könne Frankreich nicht länger verantwortlich sein.