Mehrsprachige Poliere und Partieführer als Übersetzten, Sicherheitshinweise durch Piktogramme problematisch.
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Wien. Die Baustellen in Wien als Forschungsobjekt: Eine Studie hat Sprache und Sprachkompetenz erforscht und kommt zu dem Schluss, dass trotz der vielen Sprachen die dort gesprochen werden, ein monolinguales Sprachenregime etabliert hat. Wenig überraschend ist diese dominante Sprache die deutsche.
Für die Studie haben Forscher des Instituts für Romanistik der Uni Wien Interviews auf Baustellen geführt und Statistiken ausgewertet. Die Mehrsprachigkeit auf den Baustellen führen die Forscher vor allem darauf zurück, dass Generalunternehmen Subfirmen beauftragen, die wiederum ebenfalls auf Subfirmen zurückgreifen usw.
<br style="font-weight: bold;" /> "Selbstverständliche Bringschuld"
Deutschkenntnisse der Arbeitsmigranten würden als "selbstverständliche Bringschuld" eingefordert, so die Studienautoren. "Für die Baustellenleitungen oder Poliere sind Kenntnisse anderer Sprachen keinerlei Erfordernis für die Ausübung ihrer Funktionen." Nichtsdestotrotz würden Poliere und Partieführer regelmäßig ohne Entgelt Übersetzungsarbeit leisten - die Forscher regen daher an, "mit gewerkschaftlicher Unterstützung eine der Kostenwahrheit entsprechende Diskussion möglicher Abgeltungsregelungen zu initiieren".
Die im Auftrag der Arbeiterkammer (AK) erstellte präsentierte Studie plädiert auch für eine Förderung der Mehrsprachigkeit - etwa durch bessere Entlohnung mehrsprachiger Poliere und Partieführer, die durch ihre Sprachkenntnisse laut Studie schon jetzt für eine Optimierung der Arbeitsprozesse sorgen.
Passivkompetenz
Als problematisch wertet die Studie den Umstand, dass sich die an die Arbeiter gerichtete Forderung nach Deutschkenntnissen vorerst "auf die Entwicklung einer Passivkompetenz bezieht und sich meist mit rudimentären Kompetenzen begnügt". Diese Reduktion auf ein "Behelfsdeutsch zur ausschließlichen Sicherung gemeinsamer Arbeitsvorgänge" verhindere letztlich eine höhere Qualifikation. Die Studienautoren plädieren daher für die gezielte Förderung einer umfassenderen Deutschkompetenz "auch im Dienste der Verbesserung des Informationszugangs in Prozessen der Sicherheitskommunikation".
Thema Sicherheit
Beim Thema Sicherheit orten die Forscher zudem Nachholbedarf. Derzeit würden aufgrund der Mehrsprachigkeit der Arbeiter auf Baustellen häufig Piktogramme und nonverbale Sicherheitsbroschüren eingesetzt. Oft werde aber die "kommunikative Leistungsfähigkeit der eingesetzten Bilder" jedoch zu hoch angesetzt. Außerdem seien die eingesetzten Piktogramme und Gestenabbildungen nicht wirklich neutral: So stellt etwa die auf ihnen häufig eingesetzte "Daumen-Hoch-Geste" in manchen Ländern eine Aufforderung zum Geschlechtsverkehr dar, in anderen eine grobe Beleidigung. Auch multimediales Material ist aufgrund der Sprachbarrieren nur beschränkt einsetzbar. Außerdem sollten Filme nur "auszugsweise gezeigt werden, um die maximale Aufmerksamkeitsdauer ihrer Rezipienten nicht vorzeitig zu erschöpfen".
Die AK fordert, die Migrantensprachen als Zusatzqualifikation anzuerkennen und entsprechend zu honorieren. Überdies sollten mehrsprachiges Info-Materialien zum Thema Sicherheit auf den Baustellen eingesetzt und spezifische Deutsch-Sprachkurse besser gefördert werden.