Die gesetzliche Gleichstellung von Frauen hat noch keineswegs zu ihrer wirtschaftlichen Gleichstellung mit Männern geführt. Zu dieser zwar nicht neuen, aber noch immer aktuellen Erkenntnis sind die AutorInnen einer Studie zu geschlechtsbedingten Einkommensunterschieden gelangt. Oft wirken sich karenzbedingte Unterbrechungen auf das Einkommen aus, geht daraus hervor. Eine verpflichtende Väterkarenz solle daher angedacht werden, lautet der Vorschlag der SPÖ.
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"Einkommen von Frauen und Männern in unselbständiger Beschäftigung" war der Gegenstand der Untersuchung, die die Synthesis Forschungsgesellschaft noch im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales durchgeführt hatte. Die Ergebnisse, die Wirtschaftsminister Martin Bartenstein im Gleichbehandlungsausschuss präsentierte, sind ernüchternd.
Einkommensunterschied hat sich um 3 Prozent vergrößert
Betrug der Einkommensunterschied zuungunsten der Frauen Anfang der 70er-Jahre rund ein Drittel, so hat sich dies dreißig Jahre später kaum verändert. 1997 verdienten Frauen (inklusive Beamtinnen und geringfügig Beschäftigten) 31 Prozent weniger als Männer. Das mittlere Erwerbseinkommen von Männern in unselbständiger Beschäftigung betrug rund 25.000 Schilling, das der Frauen etwa 17.000 Schilling.
Der Einkommensabstand hat sich seit 1977 sogar um drei Prozent vergrößert.
Als Hemmschuh auf dem Weg zum finanziellen Berufs-Erfolg stellen sich familienbedingte Unterbrechungen heraus. Denn Karenzepisoden wirken sich deutlich auf den Einkommensverlauf aus - deutlicher als Arbeitslosigkeitsepisoden etwa. Frauen ohne Beschäftigungsunterbrechungen verdienten im Jahr 1997 im Schnitt um 20 Prozent mehr als 1993. Das Einkommen der Frauen hingegen, die in Karenz gegangen waren, lag um 9 % niedriger.
Auch wenn dabei teilzeitbeschäftigte Frauen berücksichtigt sind, die freiwillig oder gezwungenermaßen auf einen Teil ihres Verdienstes verzichten: Karenzzeiten beeinflussen in hohem Maß den Einkommensverlauf, stellen die Autor-Innen der Studie fest.
Weibliches und männliches Tun unterschiedlich bewertet
Dies ist einer der Punkte, an dem die SPÖ einhackt. Während nämlich ÖVP und FPÖ den richtigen Schritt in Richtung Problemlösung beispielsweise im "Karenzgeld für alle" sehen, hegt die SPÖ einen anderen Gedanken. Barbara Prammer, SPÖ-Bundesfrauenvorsitzende und Obfrau des Gleichbehandlungsausschusses, formuliert es folgendermaßen: Es sollte über ein System nachgedacht werden, bei dem Väter zur Inanspruchnahme der Hälfte der Karenzzeit verpflichtet werden.
Neu ist diese Forderung nicht. Bereits vor 20 Jahren haben Frauengruppen die obligatorische Väterkarenz gefordert. Doch das Problem der Umsetzbarkeit bleibt bestehen.
Es gehe zunächst um Sensibilisierungsarbeit, erklären die SPÖ-Frauen. Denn noch immer wird weibliches und männliches Tun unterschiedlich bewertet, und die Versorgungspflicht, die viele Frauen auf sich nehmen, wird als Malus verstanden. Mit der Einführung einer verpflichtenden Väterkarenz würde die Sorge der Wirtschaft vor einem Ausfall quasi gleichmäßig auf beide Geschlechter verteilt. Damit wäre die Diskriminierung der Frauen durch eine mögliche oder de facto-Schwangerschaft aufgefangen.
Grüne: Finanzielle Anreize sollten geschaffen werden
Andere Parteien begegnen dem Vorschlag mit Skepsis. "Die Idee ist nicht verwerflich, aber wahrscheinlich nicht umsetzbar", erklärte Sabine Wagner, Frauenreferentin der Grünen auf Anfrage der "Wiener Zeitung". Es sollten eher finanzielle Anreizwege geschaffen werden, wie etwa ein einkommensabhängiges Karenzgeld. Die Frage der Vereinbarkeit von Beruf und Familie sollte sich für beide Geschlechter stellen, was auch eine gerechtere Aufteilung der Versorgungsarbeit mit sich bringen sollte. Karenzgeld für alle sei die falsche Maßnahme, ist Wagner hingegen überzeugt. Auch die Forderung von Teilzeitarbeitsplätzen nur für Frauen sei zuwenig. Vielmehr sollten auch Männer Recht darauf haben.
ÖVP: Eine Verpflichtung zu Karenz sollte es nicht geben
Keine Zustimmung findet die Idee der verpflichtenden Väterkarenz bei der ÖVP. Rosemarie Bauer, stellvertretende Obfrau im Gleichbehandlungsausschuss, zeigt sich eher überrascht. "Ich weiß nicht, ob das rechtlich haltbar ist", erklärte sie im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Immerhin gebe es auch für Frauen keine Verpflichtung, in Karenz zu gehen - und sollte es nicht geben.
Als Alternativmodell präsentiert sie das Kinderbetreuungsgeld, mit dessen Hilfe Arbeit auch jenseits der geringfügigen Beschäftigung möglich sein soll. Damit solle das Beschäftigungsverbot aufgelockert werden. Bisher sei nämlich Arbeit in der Karenzzeit - finanziell - eher bestraft worden. Dies müsste sich ändern. Denn: "Karenz sollte nicht als unabdingbare Hürde auf dem beruflichen Weg gesehen werden", erläutert Bauer. Als guten Anreiz bezeichnet die ÖVP-Abgeordnete den Plan, ein drittes Karenzjahr einzuführen, das ausschließlich vom Vater genutzt werden kann.
Bauers FPÖ-Kollegin Theresia Zierler kann sich dem nur anschließen. Von einer verpflichtenden Väterkarenz hält sie ebensowenig. "Ich glaube nicht, dass es mit Zwang machbar ist", erklärt Zierler. Es sollten eher Rahmenbedingungen geschaffen werden, die es Frauen ermöglichen, weiterhin berufstätig zu sein. Das dritte Karenzjahr für Väter und das Kinderbetreuungsgeld seien Schritte in diese Richtung.
In einem sind sich die Parteien einig: Die wachsende Einkommenskluft zwischen Männern und Frauen gibt zu denken. Von rechtlicher Seite ist schon Vieles in Richtung einer Gleichstellung der Geschlechter unternommen worden. Doch die politische - und vor allem die gesellschaftliche - Praxis hinkt noch hinterher.