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Brisante Anklage im Anlagekrimi "Eurofinanz"

Von Kid Möchel

Wirtschaft
Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt fährt schwere Geschütze gegen mehrere "Eurofinanz"-Zampanos auf - die Vorwürfe werden bestritten. Foto: wiki/Onsemeliot, Faksimile

Staatsanwalt wirft 15 Verdächtigen schweren gewerbsmäßigen Betrug vor. | Mehrere der Beschuldigten haben die Anklage aber bereits beeinsprucht. | Wiener Neustadt. Im Strafprozess um angebliche Malversationen bei der früheren Medienhandelskette Libro beginnt am 23. Mai die nächste Verhandlungsrunde, doch in Kürze steht dem Landesgericht Wiener Neustadt ein weiterer komplexer Wirtschaftsstrafprozess ins Haus.


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Im Mittelpunkt steht das dubiose niederösterreichische Beteiligungskonglomerat Eurofinanz-CM Consulting (eigentlich: Eurofinanzierungs- und Unternehmensberatungs GmbH) rund um Mastermind Horst T., der von 2002 bis 2008 das große Rad mit atypischen Beteiligungen samt scheinbarer Steuervorteile gedreht haben soll. Der Vorwurf: schwerer gewerbsmäßiger Betrug.

In seiner 128 Seiten starken Anklageschrift (Aktenzahl 6 St 487/06b) fährt Staatsanwalt Wolfgang Handler schwere Geschütze gegen Horst T. und 14 weitere Finanzjongleure auf, darunter ist auch ein Wiener Steuerberater.

Alleine Horst T. soll für einen Schaden in Höhe von 37,33 Millionen Euro verantwortlich sein. Laut Anklageschrift werden die Vorwürfe von den Beschuldigten bestritten, nur der Zweit- und der Fünftverdächtige sollen "großteils geständig sein". Indessen haben mehrere Beschuldigte, darunter der Hauptbeschuldige Horst T., die Anklage beim Oberlandesgericht Wien beeinsprucht. "Ich gehe aber davon aus, dass sie rechtswirksam wird", sagt Erich Habitzl von der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt.

913 Investoren werden in der Anklage erwähnt

Im Mittelpunkt der Anklage steht der Vertrieb "atypisch stiller Beteiligungen" an den angeblichen Startup-Unternehmen Inet System GmbH, Inet Internet GmbH, DVM GmbH, DVM IT GmbH, Galileo GmbH, Bull Connect GmbH, Sysconsult Betriebs GmbH, Faroslite GmbH, Rembrandt GmbH und Funky Solutions GmbH. Dabei soll vermögenden Anlegern - 913 Investoren werden in der Anklageschrift namentlich angeführt - vorgegaukelt worden sein, dass diese Gesellschaften unter anderem Internet-Plattformen, Marktanalysetools und Datenbankmanagementsysteme entwickeln würden.

Den Investoren sollen diese Beteiligungen "hauptsächlich durch steuerliche Vorteile schmackhaft gemacht und Verlustzuweisungen sollen "zugesagt bzw. teilweise garantiert" worden sein.

"Bloß aus Fachbüchern abgeschrieben"

"Nachdem die Anleger ihr Beteiligungskapital einzahlt hatten, wurden Leistungen, vor allem Know-how, verrechnet und als Aufwand erfasst, die tatsächlich nie erbracht wurden bzw. keinen nachvollziehbaren Gegenwert darstellen", heißt es in der Anklage, die auf einem 640 Seiten umfassenden Gutachten des Gerichtssachverständigen Matthias Kopetzky basiert. "Der größte Teil der Anlegergelder (.. .) wurde nicht widmungsgemäß verwendet. Eine tatsächliche Betriebstätigkeit erfolgte bei sämtlichen Emittentinnen der stillen Beteiligungen nur dem Anschein nach."

Zum Teil sollen die beworbenen IT-Produkte gar nicht entwickelt worden sein oder die angebliche "Entwicklung" laut Ermittlungsbehörde "zu keinem marktgängigen Produkt geführt" haben. Unter anderem soll die Produktbeschreibung eines Online-Marktanalyse- und geografischen Informationssystems mit der Bezeichnung Marion 24 "bloß aus Fachbüchern und Fachzeitschriften ohne konkrete Quellenangabe abgeschrieben" worden sein. Dem nicht genug. "Den Anlegern wurde in den Prospekten wahrheitswidrig glaubhaft gemacht, dass bestehende Erfolge auf dem österreichischen Markt ein hohes internationales Interesse hervorrufen und ein potentieller Kundenstock namhafter Unternehmen und Monatsumsätze in Höhe von 60.000 bis 70.000 Euro vorliegen würden", heißt es auf Seite 113 der Anklage.

Laut Staatsanwalt Wolfgang Handler soll der 70-jährige Horst T. als "wirtschaftlicher Machthaber" der Firma "Eurofinanz" "für die Verrechnung überhöhter Provisionen und Gebühren an die verschiedenen Emittentinnen verantwortlich" sein und "ohne nachvollziehbare wirtschaftliche Grundlage Scheinauszahlungen veranlasst haben, um unrechtmäßige Vermögensabflüsse zu verschleiern". T. bestreitet die Vorwürfe.