Mehrwertsteuer-Halbierung fraglich. | Wien. Zwar noch keine Entscheidung über die Mehrwertsteuer-Halbierung, dafür eine wahre Antragsflut dürfte die heutige Sondersitzung des Nationalrats bringen. Allein die Grünen gingen mit 13 Anträgen in die Sitzung, wobei sie das "Papa-Monat" zur "Nagelprobe" für die SPÖ erklärten. Das BZÖ will sich vorerst nicht festlegen, ob es der von der SPÖ beantragten Mehrwertsteuersenkung auf Lebensmittel zustimmen wird. Eine Entscheidung darüber wird voraussichtlich erst die Nationalratssitzung am 24. September bringen.
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Auf Schiene gebracht werden könnten auch das Pflegepaket, die Verlängerung der Hackler-Regelung, die Erhöhung der Familienbeihilfe und die Studiengebühren-Abschaffung. Die meisten Anträge beschäftigen sich also mit dem Wahlkampf-Dauerbrenner Preissteigerungen. Zudem bringt die SPÖ das Thema auch in einer Dringlichen Anfrage an Wirtschaftsminister Bartenstein aufs Tapet.
Teuerung
Das Thema Teuerung dominiert die Sondersitzung des Nationalratssitzung am Freitag. Nicht nur die zu erwartende Antragsflut beschäftigt sich mit den Preissteigerungen, die SPÖ bringt das Thema auch in einer Dringlichen Anfrage (Debatte ab 14.00 Uhr) "betreffend Versagen von Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (V) bei der Bekämpfung der Teuerung" aufs Tapet.
Österreich sei bei Lebensmitteln "heute deutlich teurer als Deutschland", heißt es in der Anfrage. Für die exakt gleichen Produkte zahle man in Österreichs Supermärkten um 21 Prozent mehr als im Nachbarland, schreibt die SPÖ mit Verweis auf eine Erhebung der Arbeiterkammer vom August. Von Bartenstein will die SPÖ wissen, wie er sich diesen "Österreich-Aufschlag" erklärt und warum es ihm nicht gelungen sei, die Teuerung in Österreich "wirkungsvoll zu bekämpfen".
Der Noch-Koalitionspartner wirft dem ÖVP-Minister vor, im Bereich Preis- und Wettbewerbskommission säumig gewesen zu sein. Trotz der steigenden Preise habe Bartenstein "jegliche Handlungen" unterlassen, die ihm nach dem Preisgesetz offen gestanden wären.
Denn im Juni habe die Arbeiterkammer einen Antrag auf Untersuchung nach dem Preisgesetz gestellt. Damit sei das Wirtschaftsministerium gezwungen gewesen, die Preiskommission umgehend einzuberufen. In der Anfrage wird auf den Artikel § 5 des Preisgesetzes verwiesen, wonach der Arbeits- und Wirtschaftsminister auf Antrag untersuchen lassen müsse, ob die Preise für die im Antrag genannten Produkte und Produktgruppen bei bestimmten Unternehmen in Österreich stärker gestiegen sind als im internationalen Schnitt. Zweitens müsse er untersuchen lassen, ob ungerechtfertigte Preispolitik der Grund für die Teuerungen ist.
Die Experten des Sozialministeriums sowie jene der Arbeiterkammer hätten der Rechtsmeinung des Wirtschaftsministeriums widersprochen, dass Betriebsprüfungen in diesem Stadium nach dem Preisgesetz nicht möglich seien, heißt es in der Anfrage. In den relevanten Gesetzespassagen stehe, dass vom Wirtschaftsminister ein Vorprüfungsverfahren auf Antrag durchzuführen ist. "Der Wirtschaftsminister soll deshalb unverzüglich Betriebsprüfungen einleiten - und zwar sowohl bei großen Handelsunternehmen als auch punktuell bei den restlichen Akteuren der Wertschöpfungskette, um die Ursachen des "Österreich-Aufschlags" zu eruieren und gegenzusteuern", fordert die SPÖ.
Darüber hinaus will die SPÖ von Bartenstein etwa wissen, warum er "trotz der sichtbar gewordenen Defizite der Preisgesetzes" keine Verschärfung der Bestimmungen initiiert habe, und warum er "im Hinblick auf den unzureichenden Personal- und Ressourcenstand der Bundeswettbewerbsbehörde" bisher nicht gehandelt habe.
Die Dringliche Anfrage wurde nach 11.00 Uhr eingebracht. Sie wird nach nach einer dreistündigen Pause ab 14.00 Uhr im Plenum debattiert.
Während der Behandlung der Dringlichen (Ende etwa um 17.00 Uhr) können auch die mit Spannung erwarteten Anträge eingebracht werden. Am Vormittag waren dazu Beratungen der Fraktionen im Gange, ob die SPÖ für alle fünf Punkte ihres Anti-Teuerungs-Pakts Mehrheiten finden wird, war nach wie vor offen; abgestimmt wird über die Anträge aber erst in der letzten Sitzung vor der Nationalratswahl am 24. September.
SP-Klubchef Josef Cap appellierte vor Sitzungsbeginn an die anderen Parteien, den Anträgen zuzustimmen. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass die das ablehnen, dass die Österreicherinnen und Österreicher bei Lebensmittel weniger zahlen", sagte Cap nach der Klubsitzung seiner Partei mit Blick auf FPÖ und BZÖ.
Grüne mit 13 eigenen Anträgen
Mit 13 Anträgen sind die Grünen in die Sondersitzung des Nationalrats gegangen. Unter anderem wollen sie eine Frauenquote in Vorständen und Aufsichtsräten, eingetragene Partnerschaften und Homo-Ehe, die Entschärfung des Sicherheitspolizeigesetzes und einen Beschluss zur Krankenkassensanierung. Außerdem wird ein Gesetzesantrag zum "Papa-Monat" eingebracht, den Vizechefin Eva Glawischnig als "Nagelprobe" für die SPÖ bezeichnete. "An unseren Anträgen wird sich bereits vor der Wahl zeigen, wie bereit SPÖ oder ÖVP sind, sich zu bewegen", so die Zweite Nationalratspräsidentin.
Sieben Anträge der Grünen betreffen ausformulierte Gesetzesanträge, die bereits in den zuständigen Ausschüssen liegen und bei denen mittels Fristsetzungsantrag sichergestellt werden soll, dass sie in der nächsten Nationalratssitzung am 24. September zur Abstimmung kommen. Außerdem gibt es sechs unverbindliche Entschließungsanträge, in denen die Regierung u.a. aufgefordert wird, für einen Gratis-Kindergarten ab dem ersten Lebensjahr, für eine Vermögenszuwachssteuer und für U-Ausschüsse als Minderheitenrecht zu sorgen.
"Das Zeitfenster ist offen, um vernünftige zukunftsorientierte Maßnahmen in Angriff zu nehmen", begründet die Grüne Vizechefin Eva Glawischnig die 13 Anträge ihrer Partei. Der Freitag könnte zu einer "Sternstunde des österreichischen Parlamentarismus" werden, so die Grüne Vizechefin. Erstmals werde sich schon vor der Wahl zeigen, welche Partei Zukunftsprojekte habe und wer auf populistischem Wählerfang sei.
FPÖ gibt sich bedeckt
Die FPÖ gab sich vor der Wiederaufnahme der Sondersitzung des Nationalrats am Freitag bezüglich einer möglichen Einigung in Sachen SPÖ-Teuerungspaket bedeckt. Parteichef Heinz-Christian Strache wollte gegenüber den Medien nach der Sitzungsunterbrechung keine Angaben zu einer möglichen FP-Zustimmung - etwa zur Senkung der Mehrwertsteuer oder der Abschaffung der Studiengebühren - machen. Man werde nun zu den einzelnen Punkten mit der SPÖ weiterverhandeln und im eigenen Klub darüber beraten, hieß es.
Eine Einigung in Sachen Studiengebühren zwischen SPÖ, Grüne und FPÖ scheint allerdings so gut wie fix. So liege bereits ein Drei-Parteien-Antrag vor, wie es seitens der Grünen hieß. Strache selbst wollte noch keine Einigung verkünden. Woran es noch hake, bzw. ob die Zustimmung zu diesem Punkt mit anderen Forderungen junktimiert sei, wollte er ebenfalls nicht sagen.
Etwas auskunftsfreudiger gab sich FPÖ-Vizeobmann Norbert Hofer vor der Sitzung gegenüber der APA. Demnach wird die FPÖ voraussichtlich bei der Auszahlung der 13. Familienbeihilfe und der Verlängerung der Hakler-Regelung mitgehen. Auch punkto Studiengebühren glaube er an eine Einigung. Abgelehnt wird die Pflegegelderhöhung, die der FPÖ nicht weit genug geht. Auch bei dem von den Grünen angekündigten Antrag zum Papa-Monat wird die FPÖ voraussichtlich nicht mitstimmen.
In Sachen Mehrwertsteuersenkung bekundete Strache sein grundsätzliches Ja zur Entlastung bei Grundnahrungsmitteln sowie Medikamenten. Bezüglich steuerlichen Maßnahmen forderte er zusätzlich eine Senkung der Einstiegssteuersätze von 38 auf 25 Prozent sowie eine Valorisierung der Steuersätze. Die FPÖ werde selbst "zu Haufe" Anträge zu diesen Fragen einbringen, meinte er. Auch will er "fast jedem Fristsetzungsantrag" zustimmen, um "so viele gute Vorschläge wie möglich" noch vor der nächsten Plenarsitzung in den Ausschüssen behandeln zu können. (APA)
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