Meinl Bank wird Berufung einlegen.
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Wien/Salzburg. Die Meinl Bank, die wegen umstrittener Aktienrückkäufe bei der früheren Immobilienholding Meinl European Land (MEL) mit hunderten Anlegerklagen eingedeckt ist, hat vor dem Salzburger Landesgericht eine veritable Schlappe erlitten.
Richter Franz Schmidbauer hat unter der Aktenzahl 1 Cg 42/09i der Klage eines Salzburger Steuerberaters und MEL-Anlegers recht gegeben und die Meinl Bank zur Rückzahlung des fragwürdigen Investments gegen Rückgabe der MEL-Zertifikate, heute Atrium-Zertifikate, verdonnert. Samt Prozesskosten geht es um mehr als 40.000 Euro. Doch dieses 19 Seiten starke Ersturteil, das der "Wiener Zeitung" vorliegt, unterscheidet sich vom Gros der übrigen MEL-Urteile grundlegend. In den meisten Fällen geht es um die mutmaßlich verheimlichten Zertifikatsrückkäufe (88 Millionen Stück) im Jahr 2007, die erst im Nachhinein, im August 2007, bekanntgegeben wurden. Das neue Urteil greift aber tiefer.
Eindruck wertstabiler Anlage
"Das nicht rechtskräftige Urteil ist eine Sensation", sagen die Wiener Anlegeranwälte Wolfgang Haslinger und Johannes Neumayer im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". "Erstmals bestätigte ein Gericht die Irreführung eines Anlegers in Sachen Meinl European Land aufgrund der verheimlichten Rückkäufe 2006 und bestätigte die dadurch bewirkte Kursstabilisierung, die den Eindruck einer wertstabilen Anlage erweckte."
Zur Vorgeschichte: Der Steuerberater erwarb 2005 in mehreren Tranchen 1281 MEL-Zertifikate, nachdem er von einem Anlageberater das MEL-Werbematerial mit dem Konterfei von Julius Meinl V. erhalten hatte. Aufgrund der Unterlagen und der Beratung ging er von einer "sehr sicheren, wenn auch nicht risikolosen Veranlagung in werthaltige Immobilienaktien" aus.
"Durch die übereinstimmenden Angaben des Steuerberaters und des Anlageberaters konnte widerspruchsfrei festgestellt werden, dass für den Anleger der Sicherheitsaspekt der Papiere den Ausschlag für die Veranlagung in MEL-Zertifikate gab", hält Richter Schmidbauer im Urteil fest. "Es liegt auf der Hand, dass der Anleger vom Erwerb der MEL-Papiere Abstand genommen hätte, wenn er über die Möglichkeit des Rückkaufes eigener Zertifikate durch die MEL und vor allem über den tatsächlichen Umfang des Rückkaufes informiert worden wäre."
Auch habe die Werbebroschüre keine Angaben darüber enthalten, dass "MEL die Möglichkeit des vollständigen Rückkaufs eigener Zertifikate hat und dass der tatsächliche Umfang mit dem Marketmaker-Vertrag im Juli 2005 erhöht wurde." Am Ende war das Eigenrückkaufsvolumen sogar auf 29,9 Prozent der ausgegebenen Zertifikate erhöht worden.
"Bewusst in Irrtum geführt"
Franz Schmidbauer greift in Sachen Meinl Bank und MEL zu harten Worten: "Der Anleger wurde über den wirtschaftlichen Hintergrund der ‚Aktie‘ bewusst in Irrtum geführt", stellt der Salzburger Zivilrichter fest. "MEL und die Meinl Bank konnten die zweckwidrige Verwendung der Aktienerlöse nicht publik machen, weil dadurch das Imperium sofort in sich zusammengestürzt wäre" - und nicht erst 2007. Zur Erklärung: Nach Bekanntgabe des tatsächlichen Rückkaufsvolumens im Sommer 2007 ging es mit der "MEL-Aktie" rasant bergab.
Und der Richter legt noch nach: "Allerdings haben sie den Anleger unter Vorspiegelung falscher Tatsachen zum Kauf der Zertifikate gebracht", meint Schmidbauer. "Inwieweit dadurch das Tatbild des Betruges realisiert wird, ist hier nicht zu beurteilen, auf jeden Fall wurde der Kläger über wesentliche Vertragsumstände getäuscht." Detail am Rande: In früheren Stellungnahmen haben Julius Meinl und Bank-Vorstand Peter Weinzierl, gegen die ein Strafverfahren anhängig ist, Betrugsvorwürfe stets zurückgewiesen. Auch mit der Argumentation der Meinl Bank, dass der Substanzwert (Net Asset Value) der Immobilienholding MEL - trotz der Rückkäufe - unverändert blieb und dieser vom Börsekurs unabhängig ist, fährt der Richter Schlitten: "Es stimmt, dass der Substanzwert nicht direkt mit dem Kurs zusammenhängt. Die Meinl Bank ignoriert dabei aber, dass der Substanzwert der MEL um jenen Teil verringert bzw. nicht erhöht wurde, der in eigene Aktien investiert und zur Kursstützung verwendet wurde."
Vorwürfe bestritten
Die Meinl Bank und ihr Vorstand Peter Weinzierl bestreiten alle Vorwürfe. "Das Landesgericht Salzburg hat das von ihm selbst eingeholte Sachverständigengutachten nicht entsprechend verwertet, obwohl dieses sehr klare Aussagen zu angeblich kursbeeinflussenden Maßnahmen der Meinl Bank enthält. Selbst unter Hinwegdenken der Handelsaktivitäten der Meinl Bank, so der Gutachter, hätte sich der Kursverlauf der MEL im Jahr 2006 nicht anders gestaltet", kontert Meinl Bank-Anwalt Georg Schima in einer Stellungnahme an die "Wiener Zeitung". "Per saldo hätte das Market Making der Meinl Bank keine entscheidende Kursbeeinflussung in die eine oder andere Richtung bewirkt." Nachsatz: "Da das Urteil daher ausgehend von den gutachterlichen Ergebnissen nicht nachvollziehbar ist, wird die Meinl Bank gegen diese Entscheidung Berufung einlegen."