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Die Aussagen des EU-Chefverhandlers für den Brexit, Michel Barnier, ließen an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Der frühere EU-Kommissar machte klar, dass die britische Regierung in Europa künftig in der zweiten Reihe stehen wird. Das Vereinigte Königreich wird nach dem EU-Austritt weiterhin ins EU-Budget einzahlen, um überhaupt Zugang zum EU-Markt zu haben - aber nichts mitbestimmen. Dazu allerdings muss es jene vier Grundprinzipien akzeptieren, die es als EU-Mitglied mitbeschlossen hat. Beschränkungen für den Arbeitsmarkt, ein zentrales Versprechen der Herren Farage und Johnson, widersprechen dem.
"Wir wollen unser Land zurück" - dieser Satz der Brexit-Befürworter löst sich damit endgültig in Luft auf, denn als EU-Mitglied konnten sie immerhin mitentscheiden.
Nun sind Barniers Aussagen sicherlich eine Maximalforderung, mit denen Verhandlungen üblicherweise begonnen werden. Aber die britische Regierung unter Theresa May kommt auch zu Hause immer stärker unter Druck. Sie sieht sich einer Petition gegenüber, die auch von Tory-Abgeordneten getragen wird, die eine Information der Bevölkerung über die Brexit-Pläne fordert. Und das Höchstgericht entscheidet am Donnerstag, ob das Parlament zum Brexit zu befragen ist.
All das schwächt ihre Verhandlungsposition und verzögert sie auch zeitlich. Die Premierministerin wirkt denn auch zunehmend verzweifelt, und in der Bevölkerung beginnt sich offenbar die Stimmung zu drehen. Immer mehr Briten erkennen, dass ein Austritt aus der EU doch keine so gute Idee ist. Bei einer jüngsten Nachwahl zum britischen Unterhaus gewann deutlich eine Kandidatin, die den Brexit ablehnt.
Die Briten gehen politisch schwierigen Zeiten entgegen, das wurde auch auf dem Festland registriert. Auf den Satz von EU-Gegner Nigel Farage vom Freitag, Norbert Hofer würde nach einem Wahlsieg für ein EU-Austrittsreferendum in Österreich sorgen, reagierte FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl noch vor dem Wahlsonntag am wütendsten. Er wusste um den möglichen Schaden durch diesen Satz. Die Österreicher haben erkannt, dass der Brexit für die Briten ein deutlich größeres Problem ist als für die EU. Die britische Verzweiflung ist das stärkste Argument für die EU. Noch viel besser wäre es aber, sie aus optimistischen Gründen gut zu finden.