Mit Unverständnis, zugleich aber mit der ausdrücklichen Bitte um ein klärendes Gespräch hat der Jüdische Weltkongress (WJC) auf die Absage der EU-Konferenz zum Thema Antisemitismus reagiert.
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Ein solches Gespräch sei wichtig und notwendig angesichts der laufenden Kontroverse um Antisemitismus in Europa, schrieb WJC-Präsident Edgar M. Bronfman am Mittwoch in einem in Brüssel veröffentlichten Brief an den EU-Kommissionspräsidenten Romano Prodi. Brondfman bat darin um einen Termin so bald wie möglich. Zuvor hatten die Stellungnahmen des WJC noch wirscher geklungen: Vizepräsident Elan Steinberg etwa wurde in der Zeitung "Financial Times Deutschland" mit den Worten zitiert, "nicht wir brauchen dieses Seminar, sondern die EU braucht es, um den Antisemitismus zu bekämpfen".
Prodi hatte das für Februar geplant gewesene Seminar am Montag absagen lassen, nachdem Bronfman und der Präsident des Europäischen Jüdischen Kongresses (EJC), Coby Benatoff, der EU vorgeworfen hatten, den Antisemitismus in Europa zu fördern. Kritik, namentlich an Prodi, übte auch - wenig verwunderlich - die italienische Regierung. Außenminister Franco Frattini kündigte ein in Italien organisiertes Treffen an.
Die EU-Kommission verteidigte indes das Vorgehen. Mit dem Antisemitismus-Seminar wollte die Kommission eine Initiative zum Dialog leisten, nachdem in einer EU-weiten Umfrage die Befragten angegeben hatten, Israel als größte Bedrohung für den Weltfrieden zu empfinden. Nun erwartet die EU-Kommission vom WJC und dem EJC eine Haltungsänderung, bevor das Seminar über Antisemitismus abgehalten wird. Prodi sei zum Dialog mit allen bereit, die ihm nicht schon im Vorfeld Antisemitismus vorwerfen, hieß es.