Keine Hungersnöte für die Patienten. | Neue und minimale Schnittführung. | Rasch wieder fit nach Bauch-Eingriff. | Wien. Fast Track Surgery - eine neue, aus Skandinavien stammende Methode - bricht mit chirurgischen Traditionen: Kurze Nüchternheit vor der Operation, Opiat sparende Narkose- und Schmerzmittel, neue Schnittführung bzw. minimal invasive Chirurgie sowie proteinreiche Ernährung und Mobilisierung des Patienten sechs Stunden nach der Operation. Entlassung - zum Beispiel nach einem Dickdarm-Eingriff - am dritten bis fünften postoperativen Tag.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 18 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Vorteile: Reduktion postoperativer Komplikationen durch Vermeiden von Nüchternheit und langen Liegezeiten, Morbidität und Mortalität deutlich geringer. Voraussetzungen: Völliges Umdenken, interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Anästhesisten, Chirurgen, Pflegepersonal und Patienten ökonomische Neubewertung der medizinischen Leistungen durch die Gesundheitspolitik.
"Fast Track Chirurgie als interdisziplinäre Herausforderung" stand im Mittelpunkt des 5. Österreichischen Chirurgentages, der vergangene Woche in Ebreichsdorf stattfand. Erstmals wurde der Kongress interdisziplinär vom Berufsverband österreichischer Chirurgen (BÖC), und den Österreichischen Gesellschaften für Chirurgie (ÖGC), für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin (ÖGARI) und dem Österreichischen Gesundheits- und Krankenpflegeverband veranstaltet.
Interdisziplinäre Herausforderung
"Jede Operation stellt für den Patienten eine außergewöhnliche Stresssituation dar. Dabei freigesetzte Stresshormone und die derzeit - manchmal über Tage dauernde - Nüchternheit schwächen ihn weiter. Körperliche Abgeschlagenheit und Müdigkeit durch langes Liegen führen nicht selten zu postoperative Komplikationen wie Darm-, Kreislauf- und Lungenproblemen", erläuterte Prim. Dr. Franz Stöger, Chirurg und Präsident des BÖC.
Gänzlich anders ist dies bei der neuen OP-Technik, die auch neue, kurz wirksame und gut steuerbare Medikamente einsetzt.
"Bei der Fast Track Methode wird der Patient - ähnlich wie ein Marathonsportler - durch Aufklärung, Kohlehydrat reiche Kost am Vortag und Verabreichung eines Kohlehydrat reichen Getränks bis zwei Stunden vor der Operation versorgt und sechs Stunden danach wieder mobilisiert", erklärte Stöger die Vorteile.
Allerdings: "Eine interdisziplinäre Herausforderung und ein deutliches Mehrengagement für das aus Anästhesisten, Chirurgen und Pflegepersonal bestehenden Teams", sei das schon, sagt Univ.-Prof. Dr. Claus-Georg Krenn, Anästhesist und Intensivmediziner am AKH Wien.
Schätzungen von Anästhesisten und Chirurgen zu Folge wären etwa 50 Prozent aller Operationen mit Fast Track Surgery durchführbar: "Ein Eckpfeiler des Gesamtkonzeptes ist der Pflegebereich, dieser ist neu zu strukturieren, Schulung und Weiterbildung im pflegerischen und ärztlichen Bereich sind Voraussetzung für die Umsetzung und das Gelingen", sagt BÖC-Präsident Stöger.
Leistungskatalog neu anpassen
Einsparungen sieht er im Intensivmedizinischen Bereich: Derzeit verbringen Patienten nach großen Bauchod. Darmoperationen im Schnitt bis zu zwei Tage auf einer Intensivstation, bei der Fast Tracking Methode sind es zwei Stunden auf der Aufwachstation. Durch Verzicht auf große Infusionsmengen kommt es zu weiteren Einsparungen.
Laut ÖBIG gab es im Jahr 2004 rund 7500 Darmoperationen in Österreich. Derzeit liegt der Mittelwert eines Spitalsaufenthalts nach einer Darmoperation zwischen elf und 31 Tagen, wofür der Krankenhausträger etwa in NÖ (nach dem 11. Tag) rund 7600 Euro Kosten erstattet erhält. Wird ein Patient jedoch nach sechs Tagen entlassen - bei Fast Track Surgery möglich - erhält das Krankenhaus derzeit nur rund 5500 Euro.
"Kein Primar kann es sich leisten", so der erfahrene Primar und Standespolitiker Stöger, "Patienten am fünften Tag zu entlassen und die Betten seiner Abteilung leer zu lassen." Er appelliert daher an das Gesundheitsministerium und den Hauptverband, den LKF-Leistungskatalog "neu zu überdenken und die Gesundheitspolitik an die Leistungen einer verbesserten Qualität für die Patienten anzupassen".