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Brüchige Solidarität

Von Martyna Czarnowska

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Kurz vor einem Jahrestag, der ihren großen Triumph markiert, steht die polnische Gewerkschaftsbewegung Solidarnosc vor einer Zerreißprobe.


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Einst einte sie Millionen. Der rote Schriftzug mit den gedrungenen Buchstaben und der über dem "N" wehenden polnischen Fahne war das Symbol einer Massenbewegung. Die Solidarnosc war in den 1980er Jahren mehr als eine Gewerkschaft. Sie war als Oppositionskraft die Hoffnungsträgerin für etliche Menschen, die ein Ende des sozialistischen Regimes herbeisehnten. Und zu dessen Fall trug sie auch den größten Teil bei.

Doch mittlerweile ist die Macht der früheren Solidarität gebrochen und geht ein tiefer Riss durch die Organisation, die nicht einmal mehr 700.000 Mitglieder zählt. Ein schwerer Konflikt bahnt sich an - ausgerechnet kurz vor dem Jahrestag, der einen großen Triumph der Solidarnosc markiert.

In eineinhalb Wochen jährt sich zum 31. Mal die Unterzeichnung der so genannten August-Abkommen. Mit ihnen haben die Streikenden - unter anderem in der Danziger Werft - dem Staatsapparat etwa das Recht auf die Bildung unabhängiger Gewerkschaften abgerungen. Und die Frage, wer zu den Feierlichkeiten aus diesem Anlass eingeladen werden sollte, lieferte den Grund für einen heftigen Streit.

Der Vorsitzende der Solidarnosc, Piotr Duda, befand nämlich, dass nur Vertreter der Staatsführung nach Danzig einzuladen seien: Ministerpräsident Donald Tusk, Präsident Bronislaw Komorowski sowie Ex-Präsident - und Solidarnosc-Mitbegründer - Lech Walesa und der Vorsitzende des EU-Parlaments Jerzy Buzek. Polen befinde sich im Wahlkampf vor der Parlamentswahl im Oktober, und die gewerkschaftlichen Feierlichkeiten sollten nicht übermäßig politisiert werden, argumentierte Duda.

Doch dieser selbst sei es, der politisiert, meint wiederum der Vizevorsitzende der Sektion von Solidarnosc in der Danziger Werft, Karol Guzikiewicz. Duda biedere sich an die Regierung an und vergesse, wer die wahren Freunde der Solidarnosc seien. Zu diesen zählt Guzikiewicz auf alle Fälle Jaroslaw Kaczynski, den Vorsitzenden der größten Oppositionspartei PiS (Recht und Gerechtigkeit), der ebenfalls seit ihren Anfängen bei der Solidarnosc dabei war. Daher luden die Danziger nun eigenmächtig auch Kaczynski zu den August-Feierlichkeiten ein.

Was folgte, waren gegenseitige Vorwürfe von Duda und Guzikiewicz, der Solidarnosc zu schaden. Ein Nachspiel könnte dies kommende Woche bei der Vorstandssitzung haben, wo heftige Führungsdebatten erwartet werden.

Der Zwist spiegelt aber auch die tiefe Spaltung des gesamten rechten Lagers in Polen wider, zu dem sowohl PiS als auch die regierende Bürgerplattform (PO) zählen. Die PO ist zwar wirtschaftsliberaler, doch von den vertretenen Werten her nicht weit weniger konservativ als PiS. Und beide Parteien haben ihren Ursprung in der Solidarnosc, die wiederum von der katholischen Kirche unterstützt wurde.

Die Meinungsunterschiede - bis hin zu gegenseitigen persönlichen Beleidigungen von Spitzenpolitikern - zwischen den beiden Fraktionen sind so tiefgehend, dass an eine Zusammenarbeit in der Regierung nach der Wahl kaum zu denken ist. Zwar war eine derartige Kooperation noch vor wenigen Jahren im Gespräch. Doch in der Zwischenzeit haben sich die Parteien zu sehr auseinander entwickelt. PiS hat die nationalkonservative Seite immer mehr betont, während die Bürgerplattform mit wirtschaftsliberalen Ideen versuchte, auch den Mittelstand als Wähler zu gewinnen.

Gemein ist den Fraktionen die jeweils starke Position des Vorsitzenden, der innerparteiliche Konkurrenten alles andere als schätzt. Führungsdebatten werden da - anders als in der Solidarnosc - kaum offen geführt.