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Brüder auf ewig

Von Veronika Eschbacher

Politik

Russland nähert sich China an. Noch aber will Peking die Umarmung nicht so recht gefallen.


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Moskau/Peking "China? Das ist doch unser Bruder auf ewig!", sagt Dmitrij, ein junger Moskauer, angesprochen auf die russisch-chinesischen Beziehungen. Damit zitiert er zwar eine Strophe aus einem Lied von Wano Muradeli aus Sowjetzeiten - liegt aber mit seiner Einschätzung höchst aktuell. Am Gipfeltreffen der Brics-Länder (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) im brasilianischen Fortaleza traf der russische Präsident Wladimir Putin bereits das sechste Mal auf seinen Amtskollegen aus Peking, Xi Jinping. Und das innerhalb von zehn Monaten. Geht es nach Putin, darf es wohl gerne noch öfter sein. Das östliche Nachbarland hatte immer schon einen Top-Platz in der außenpolitischen Prioritätenliste. Mit der Ukraine-Krise und den Sanktionen aus dem Westen wird der Wunsch nach weiterer Annäherung an Peking noch ausgeprägter.

Grundsätzlich herrscht viel Einigkeit zwischen den beiden Ländern: Der Wunsch nach einer multipolaren Weltordnung und mehr Mitsprache für Schwellenländer ist ihnen gemein, genauso sowie die Ablehnung universeller Politik- und Gesellschaftsordnungen. "Es gibt keine politische Frage, die von China und Moskau grundsätzlich anders gesehen würde", sagt Gerhard Mangott, Russland-Experte der Universität Innsbruck zur "Wiener Zeitung". Das gelte für die Iran-Frage, Syrien, den Irak sowie die Asien-Politik. "Es gibt nichts, was die beiden im Augenblick politisch trennt."

Chinesen profitieren von der Isolation Russlands

Die Beziehungen zwischen den Ländern haben sich auf institutioneller, wie auch auf der persönlichen Ebene zwischen den beiden Staatenlenkern, vertieft. Freilich ist nicht zu übersehen, dass Moskau, nicht zuletzt wegen der zunehmend zerrütteten Beziehung mit dem Westen, mehr Interesse an einer noch stärkeren Vertiefung des Austauschs hat, als Peking. Diese ist momentan vor allem psychologisch für die Russen wichtig. Sollten westliche Sanktionen Moskau den Zugang zu den internationalen Finanzmärkten erschweren, könnten chinesische Banken zur Finanzierung von Investitionen einspringen, sagt Mangott. Genauso wie Technologie, die den Russen vom Westen vorenthalten würde, aus China kommen könnte. Peking helfe aber auch bei dem Wunsch des Kremls, die Energieabsatzmärkte zu diversifizieren, auch wenn freilich nach wie vor der europäische Markt wohl lukrativer sei.

Den Chinesen dürfte dieses Faktum sehr wohl bewusst sein. In liberalen Kreisen in Moskau wird die Annäherung an Peking daher durchaus kritisch gesehen. China nutze demnach die Abhängigkeit Russlands von Peking aus, um sich Vorteile in den Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zu schaffen und billiger an Energieressourcen zu kommen. Als Beweis führt man etwa ins Treffen, dass es sehr ungewöhnlich sei, dass nach zehnjährigen Verhandlungen über Gaslieferungen an China zwar im Mai eine Liefer-Einigung erzielt werden konnte, aber der Gaspreis für China nicht veröffentlicht wurde. Er könne daher nur verlustbringend sein. Mangott hält dem entgegen, dass der russische Energieriese Gazprom keinen Vertrag unterzeichnen würde, der ihm ein defizitäres Geschäft beschere.

"Insgesamt hat sich die Verhandlungsposition der Chinesen gegenüber Russland verstärkt", sagt Mangott. Russland sei heute sehr viel mehr von China abhängig als umgekehrt. "Moskau hatte immer versucht zu vermeiden, Junior-Partner eines aufstrebenden Chinas zu werden, aber die Entwicklung geht immer stärker in diese Richtung", so der Politologe. Sie würde noch mehr beschleunigt, sollte es vom Westen gezielte Handelssanktionen gegen Russland geben. Moskau würde auch vermehrt dazu bereit sein, Waffensysteme an den Nachbarn zu verkaufen, die es bislang nicht an China liefern wollte.

Wenig öffentliche Kritik an China in Russland

In Russland selbst wird die vermehrte Kooperation mit Peking wenig kritisch hinterfragt. Russische Journalisten geben an, in staatlichen Medien wäre das ohnehin nicht gewünscht, es würde aber auch kaum einen Asien-Experten geben, der sich kritisch über China äußere. Denn: Peking würde gezielt bei Think Tanks und Universitäten Lobbying betreiben.

Zu eng wird die Beziehung der beiden Länder aber vorerst wohl nicht werden. "China ist nicht daran interessiert, in eine anti-westliche Allianz eingebunden zu werden, weil das nicht in seinem ökonomischen oder politischen Interesse ist. Zumindest jetzt nicht", sagt Mangott. Das könne sich aber ändern, sollten sich die US-chinesischen Beziehungen wegen Territorialstreitigkeiten im südostchinesischen Meer verschlechtern.