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Das von der EU-Kommission erstellte Budget 2007 bis 2013 wird heute dem Parlament in Straßburg vorgelegt. Der Kommission schwebt eine Erhöhung der Eigenmittel, die 10 bis 12 Mrd. Euro ausmachen, um mehr als das Doppelte vor. Drei Steuern hätten dabei die Finanzplaner in Brüssel im Visier: Die Mehrwertsteuer, die Körperschaftssteuer und eine Steuer auf Ressourcen, erläutert Kommissar Franz Fischler.
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Von einer eigenen EU-Steuer, wie sie vor kurzem seine Kollegin, Budgetkommissarin Michel Schreyer vorgeschlagen hat, will Fischler nicht sprechen. Es sollte vielmehr ein Anhängsel an bereits existierende Abgaben sein. Ein eigener EU-Anteil sei aber nur im Fall einer harmonierten Steuer möglich. Sonst finde die Absicht, die gemeinschaftlichen Einnahmen zu erhöhen keine Zustimmung. Doch außer einer "Absichtserklärung" gebe es wenig Konkretes, meinte Fischler gestern in Wien vor Journalisten. Die Karten wollte er noch nicht offen auf den Tisch legen. Die traditionellen EU-Eigenmittel setzen sich derzeit aus Agrarzöllen, Zuckerabgaben, Zöllen zusammen. Auch von der Mehrwertsteuer fließt derzeit ein Teil in den EU-Haushalt. Durch zusätzliche Abgaben auf Treibstoffe zu einer Art EU-Steuer zu kommen, hält Fischler für chancenreich.
Kein Verständnis seitens der Kommissare gibt es für den Vorstoß der sechs Nettozahler - darunter Deutschland, Frankreich und Österreich - die EU-Mittel bei 1 Prozent des BIP einzufrieren. "Selbst wenn alles beim Alten bleibt, reichen die 1 Prozent nicht aus." Die Ausgaben 2006 würden bereits 1,11 Prozent des BIP ausmachen. Derzeit liegt die Obergrenze bei 1,24 Prozent vom BIP. "Diese in Frage zu stellen macht keinen Sinn". Doch die Forderungen der Nettozahler müssten ernst genommen werden, vor allem da es in der erweiterten Union mehr von ihnen geben werde. Sonderregeln wie den Briten-Rabatt wolle die Kommission abschaffen.
Die Agrarausgaben dürften nicht gekürzt werden, stellt der Kommissar klar: Sonst sei die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik "in Gefahr und ich wünsche viel Spaß beim Verhandeln einer neuen."
Nehme die EU ihre Ausgleichsfunktion ernst, dann seien mit dem Beitritt der 10 Neuen höhere Aufwendungen für Strukturpolitik zu erwarten. "Schließlich kann man mit weniger Geld nicht mehr Politik machen." Auf die EU der 25 komme ein riesiges Problem zu. Zwar sei die Wirtschaft in den Kandidatenländern enorm gewachsen, "doch die Verteilung war ungleich". Die Einkommen in polnischen Städten seien mittlerweile doppelt so hoch wie jene im ländlichen Raum. "Das ist der Treibstoff für Abwanderung", warnt der Agrarkommissar. Denn die ländliche Entwicklung sei entscheidend für den Wohlstand. Sollten die Städte weiter wachsen, würden sie aus den Nähten platzen "mit allen sozialen Folgekosten der Entsiedelung". So habe ein polnischer Pfarrer betrübt gemeint, er sei nur noch "Begräbnispfarrer". Mit dem Problem der Abwanderung kämpfen aber nicht nur die Erweiterungsländer, sondern auch Ostdeutschland.
Ringen um EU-Verfassung
Fischler ist zuversichtlich, dass noch vor den Europawahlen im Juni die Zwistigkeiten über die EU-Verfassung beigelegt werden können. Zuerst jedoch müssten die Wahlen in Spanien Mitte März abgewartet werden. Mit diesem positiven Signal an die Bürger erhofft sich der Kommissar eine höhere Wahlbeteiligung als prognostiziert. Sollte es zu keiner Einigung kommen, dann sei die Chance im 2. Halbjahr auch verspielt. Außerdem komme es zu einem unangenehmen Nebeneffekt: Der Vermischung von Verfassungs- und Finanzierungsfragen. Dies jedoch müsse, so Fischler, vermieden werden.
Dass aus der EU-Wahl die Europäische Volkspartei (EVP) als Sieger hervorgehen und daher den Kommissionspräsident stellen wird, ist für Fischler so gut wie sicher.