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Brüssel kämpft für polnischen Urwald

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

Polen will Schnellstraße durch Naturschutzgebiet. | EU-Kommission droht mit Baustopp. | Brüssel. Die EU-Kommission will ein Teilstück der geplanten Fernverbindung Warschau-Helsinki wegen drohender irreparabler Umweltschäden im Eilverfahren stoppen. Eine gut 17 Kilometer lange Schnellstraße wollen die Polen nämlich direkt durch das Rospuda-Tal führen, ein durch EU-Recht gesichertes Natur- und Vogelschutzgebiet. Die Regierung hat bereits grünes Licht gegeben, die Bauarbeiter rücken an.


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Umweltkommissar Stavros Dimas will die Notbremse ziehen. Er verschärfte gestern, Mittwoch, das laufende EU-Verfahren wegen "äußerster Dringlichkeit" und forderte Warschau auf, innerhalb von sieben Tagen eine zufrieden stellende Folgenabschätzung für das Straßenprojekt nach Brüssel zu senden, oder es zu stoppen. Ansonsten will er eine einstweilige Verfügung des Europäischen Gerichtshofs erwirken. Zumindest bis zur ersten Anhörung müssten die Bauarbeiten unterbrochen werden. Zwar befürwortet die Kommission den Ausbau des polnischen Straßennetzes. Bei der geplanten Trassenführung drohten aber "schwerwiegende Umweltschäden".

Warschau will davon nichts hören und es laut Umweltminister Jan Szyszko auch auf ein Gerichtsverfahren ankommen lassen. Die geplanten Ausgleichmaßnahmen wie Neupflanzungen und Wiederherstellung der Feuchtwiesen durch Dämme erfüllten alle Schutzvorschriften.

Inzwischen hat sich auch Premier Jaroslaw Kaczynski eingeschaltet. Er überlegt, ein Referendum über den Bau der geplanten Trasse in der nordpolnischen Provinz Podlasie abhalten zu lassen. Laut einer Umfrage für die Zeitung "Gazeta Wyborcza" unterstützen lediglich die Bewohner der Ortschaft Augustow zu 81 Prozent den anvisierten Straßenverlauf. Sie leiden unter dem durchziehenden Schwerverkehr und würden von der Umgehungsstraße entlastet. Die Region spreche sich mit 48 Prozent für das Projekt aus. Landesweit sei jedoch eine klare Mehrheit von 65 Prozent gegen die Schnellstraße. Umweltschützer verweisen auf mögliche alternative Streckenführungen.