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Gemeinsamer Euro-Topf zum Abbau der Schulden würde gut 2,7 Billionen umfassen.
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Brüssel. Beschlossen ist nichts - und die Chancen dafür sind nicht allzu rosig: Zu groß ist der Widerstand etlicher Mitgliedstaaten, allen voran Deutschland, momentan noch gegen eine Schuldenunion. Und dennoch ist es ein Etappenerfolg für das EU-Parlament: Die Idee eines Schuldentilgungsfonds und von Euro-Bills, also Euro-Staatsanleihen mit kürzeren Laufzeiten und gemeinsamer Haftung aller EU-Staaten, bleiben zumindest auf der politischen Tagesordnung. Die Kommission wird nun eine Expertengruppe beauftragen, die bis spätestens März 2014 einen Bericht vorlegen soll.
Kommissionschef Jose Manuel Barroso kommentierte den Schuldentilgungsfonds zurückhaltend: "Die Kommission wird den Bericht prüfen und, falls angemessen, Gesetzesvorschläge vor dem Ende ihres Mandats machen", erklärte er am Mittwoch. Das wäre allenfalls noch vor Juni 2014.
"Natürlich ist das Thema kompliziert, aber das ist etwas, was eine langfristige Perspektive für die Nachhaltigkeit der Staatsschulden entwirft", sagte die portugiesische Abgeordnete Elisa Ferreira (S&D).
Worum geht es konkret? Mit einer Handvoll Ausnahmen verfehlen die Euroländer derzeit die Maastricht-Kriterien einer staatlichen Gesamtverschuldung von maximal 60 Prozent der Wirtschaftsleistung weit. Im Durchschnitt lag die Staatsverschuldung der Euro-17 zuletzt bei 90 Prozent.
Das EU-Parlament griff deshalb auf Ideen der "fünf Wirtschaftsweisen" zurück - dieser Sachverständigenrat, der just am Mittwoch in Berlin seinen 50. Geburtstag feierte, hatte angeregt, dass Euroländer ihre Schulden oberhalb der 60-Prozent-Grenze in einen Tilgungstopf einbringen. Jedes Land müsste seinen Anteil selbst abzahlen, könnte aber von niedrigeren Zinsen aufgrund der gemeinsamen Haftung profitieren. Nach Berechnungen von Mediobanca würde der Fonds für die 17 Euroländer knapp 2,7 Billionen Euro umfassen (Zahlen von Ende 2011). Italien würde den größten Anteil von Altschulden einbringen (949 Milliarden Euro), gefolgt von Deutschland (546), Frankreich (517) und Griechenland (200). Aus Österreich kämen demnach 37 Milliarden Euro in den Abbaufonds.
Eigentlich wollte das EU-Parlament die Kommission gleich zu einem Gesetzesvorschlag verpflichten; das scheiterte aber am Widerstand der Staaten. Man werde die Experten-Arbeit mit "großem Interesse" verfolgen, eine Position des Rates könne er aber derzeit nicht formulieren, sagte der irische EU-Botschafter Rory Montgomery als Vertreter der Ratspräsidentschaft.
Einen Abschluss fanden die Verhandlungen über die verstärkte wirtschafts- und finanzpolitische Koordinierung ("Two Pack"): Die Kommission kann den Eurostaaten bei ihren Budgetentwürfen künftig noch stärker dreinreden.