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Brüssel ringt um koordinierte Hilfe

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Wirtschaft

Pröll für größeren EU-Schutzschirm. | IWF-Mittel auf bis zu 500 Mrd. Dollar verdoppeln? | Brüssel. Neue Erschütterung in Osteuropa: Mit Rumänien ist bereits das dritte Land nach Ungarn und Lettland mehr oder weniger pleite. 20 Milliarden Euro Hilfe braucht die rumänische Wirtschaft, um nicht zu kollabieren. Gespräche über Hilfen laufen bereits mit der EU und den Internationalen Währungsfonds IWF. Der österreichische Finanzminister Josef Pröll, der Hilfen für Zentral- und Osteuropäische Nicht-Eurostaaten als einer der ersten angeregt hatte, schlug die Erhöhung eines EU-Notfallsrahmen von derzeit 25 Milliarden Euro vor.


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Laut Industriellenvereinigung soll Pröll eine Verdoppelung auf 50 Milliarden vorschlagen, was sein Sprecher umgehend dementierte: Er habe "nie eine Zahl gesagt." Als nächsten Schritt zur maßgeschneiderten Rettung von EU-Ländern am Rand der Pleite soll ein Expertengremium bis zum nächsten Treffen der Finanzminister im April eine Analyse möglicher gemeinsamer Unterstützungshilfen vorlegen. Diese seien nicht ausdrücklich für Zentral- und Osteuropa bestimmt, weil Länder wie Tschechien nicht mit den Pleiteländern in einen Topf geworfen werden wollen.

Klar ist nur, dass der EU-Spielraum für Zahlungsbilanzhilfen bereits mit dem rumänischen Ausfall überreizt ist. Nach den Notkrediten an Ungarn und Lettland sind nur noch 15,4 Milliarden verfügbar. Dennoch erteilten sowohl Währungskommissar Joaquin Almunia als auch der deutsche Finanzminister Peer Steinbrück einer Erhöhung des Topfes vorerst eine Absage. Die Länder seien in erster Linie selbst dafür verantwortlich, die Lage zu stabilisieren, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern und für ihre Stabilität auf den Finanzmärkten zu sorgen, sagte der Deutsche. Sollte das nicht gelingen, sei Berlin für "multilaterale Lösungen", womit er auf die Internationalen Finanzinstitutionen wie Weltbank oder den IWF anspielte.

Steuerfragen werden von den G20 geklärt

So einigten sich die EU-Finanzminister auch darauf, beim G20-Finanzministertreffen in London am Freitag einer Verdopplung der IWF-Mittel von 250 auf 500 Milliarden Dollar (395 Milliarden Euro) zuzustimmen.

Ebenfalls zu den G20 gehen soll die Idee, zur Vermeidung der Steuerflucht unkooperative Länder aufzulisten und gemeinsam zu bestrafen. Dem stimmten schließlich auch Österreich und Luxemburg zu. Das sei kein Problem, weil Wien ohnehin kooperativ sei, sagte Prölls Sprecher. Steinbrück verwahrte sich indes gegen den Vorwurf, bei den G20 werde über die Köpfe von Österreich, der Schweiz und Luxemburg weg entschieden. Einer Einladung zu einer einschlägigen Konferenz in Paris seien die Länder nicht gefolgt. "Sie haben ihre Chance gehabt", so Steinbrück.

Eine Einigung der Finanzminister gab es im jahrelangen Streit um reduzierte Mehrwertsteuersätze, die sich Frankreich vor allem für seine Restaurants gewünscht hat. Künftig sollen Länder, die wollen, arbeitsintensive Dienstleistungen, Restaurants und privaten Wohnbau unter dem in der EU geltenden Mindestsatz von 15 Prozent besteuern dürfen.

Deutschland und Österreich waren lange dagegen: Sinnlos zur Konjunkturankurbelung und unbezahlbar wegen des Steuerausfalls, hieß es. Steinbrück machte auch umgehend klar, dass Deutschland keine neuen reduzierten Sätze einführen werde. Bedingung für seine Zustimmung sei gewesen, dass die Debatte endgültig abgeschlossen sei und nicht auf weitere Sektoren ausgeweitet werden dürfe.