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Brüssel setzt auf Job-Programm

Von WZ-Korrespondentin Martyna Czarnowska

Politik

Plädoyer für Mindestlöhne auf "angemessenem Niveau".


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Brüssel/Straßburg. Sparen und nochmals sparen - das allein kann es nicht sein. Diese Einsicht setzt sich in der Europäischen Union immer mehr durch. Hatten sich die EU-Staats- und Regierungschefs vor eineinhalb Monaten darauf geeinigt, nach den strengeren Vorgaben zur Senkung von Staatsschulden und Budgetdefiziten auch wieder Wachstum und Beschäftigung als Ziele anzusehen, will sich nun ebenso die EU-Kommission einbringen. Sie schlägt ein Beschäftigungspaket vor, das den Ländern eine Hilfe bei der Schaffung neuer Jobs sein soll. Denn die Arbeitslosigkeit in der Union ist hoch wie seit langem nicht: An die 23 Millionen Menschen haben keinen Job.

Doch die Pläne aus Brüssel sorgten bereits für Wirbel, noch bevor Sozialkommissar Laszlo Andor sie am heutigen Mittwoch in Straßburg präsentieren konnte, wo derzeit das EU-Parlament tagt. In dem Dokument ist nämlich sowohl von Mindestlöhnen die Rede als auch von der Öffnung der Arbeitsmärkte für alle EU-Bürger. Dagegen sträuben sich aber einige Staaten nach wie vor: So will Österreich - ebenso wie Deutschland beispielsweise - die Beschränkungen für rumänische und bulgarische Arbeitssuchende so lang wie möglich aufrechterhalten. Die Kommission plädiert hingegen dafür, die Übergangsfristen rascher zu beenden.

Für verpflichtende europäische Mindestlöhne trete die Brüsseler Behörde allerdings nicht ein, stellte eine Sprecherin Andors klar. Die Kommission betont lediglich, dass "Mindestlöhne auf angemessenem Niveau" eine positive Maßnahme sein können, um die Nachfrage nach Arbeit nicht abreißen zu lassen, und somit zur wirtschaftlichen Entwicklung beitragen können.

"Mindestlöhne helfen dabei, eine destruktive Abwärtsspirale bei den Arbeitskosten zu verhindern, und sie sind ein wichtiger Faktor, um eine anständige Job-Qualität zu garantieren", heißt es. Die Anpassung dieser Gehälter - die je nach Branche unterschiedlich ausfallen mögen - sollte in Kooperation mit den Sozialpartnern geschehen, findet die Kommission. In Österreich etwa wird dies in etlichen Sparten durch Kollektivverträge geregelt.

Das ist aber nur ein Teil der Vorschläge Andors. Weiters setzt sich die Kommission dafür ein, europaweit Berufsabschlüsse anerkennen zu lassen, die Ausbildung in bestimmten Berufen besser abzustimmen sowie Jugendlichen und Langzeitarbeitslosen zu stabilen Jobs zu verhelfen. Dafür will sie mindestens 84 Millionen Euro aus dem europäischen Sozialfonds bereitgestellt wissen.

IWF sagt Euro-Zone weniger tiefe Rezession voraus

Auch der Internationale Währungsfonds (IWF) streicht die hohe Arbeitslosenrate als ein gewichtiges Problem der Euro-Zone hervor. Dennoch geht er in seinem Frühjahrsbericht davon aus, dass die gemeinsame Wirtschaftskraft dieser 17 Länder weniger schrumpft als noch zu Jahresbeginn prognostiziert: Hatten die Experten zuvor mit einem Minus von 0,5 Prozent gerechnet, erwarten sie nun heuer minus 0,3 Prozent. Umgekehrt soll die Weltwirtschaft um 3,5 Prozent wachsen.

Im Euro-Raum wird die Wirtschaftskraft der Prognose zufolge dann in der zweiten Jahreshälfte wieder zu wachsen beginnen. Und Sorgen um das finanziell unter Druck stehende Spanien zum Trotz soll die Erholung auch im kommenden Jahr stärker als bisher angenommen ausfallen. Das gemeinsame Wirtschaftswachstum im Jahr 2013 schätzt der Währungsfonds nun auf 0,9 Prozent.

Die Finanzkrise wird denn auch bei der anstehenden IWF-Frühjahrstagung ein Thema sein. Dabei setzt etwa der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble darauf, dass es einen Beschluss zur Mittelaufstockung des Fonds geben werde, der auch der EU bei der Krisenbekämpfung zugute kommen könnte. Laut der Nachrichtenagentur Reuters rechnet er mit 400 Milliarden Dollar an Zusatzgeldern für den IWF. Europa habe ja auch das geforderte Volumen von rund einer Billion Dollar für seinen Rettungsschirm erbracht, sagte Schäuble.