Ablehnung der Euro-Rettung gilt als unwahrscheinlich.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 13 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Brüssel. Wenn ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVG) in Karlsruhe zu EU-Angelegenheiten ansteht wie heute, Mittwoch, gibt niemand gerne vorab Kommentare ab.
Kommission und EU-Parlament warten zwar mit Spannung auf die Entscheidung des BVG. Wegen dessen Gewicht hat die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel sogar eine Änderung des Lissabonner Vertrags zur Etablierung des dauerhaften Euro-Rettungsschirms ab Mitte 2013 durchgesetzt. Doch von Panik war im EU-Viertel der belgischen Hauptstadt nichts zu spüren.
Denn unter der Hand erwarteten die EU-Strategen, dass die Euro-Rettung nicht gekippt wird. Weil der Richterspruch schon am nächsten Tag direkt in die Debatte im Deutschen Bundestag einfließen soll, wird auch nicht mit einer Verzögerung für die weitere Behandlung des erweiterten Euro-Rettungsschirms erwartet. Denn dass dieser von gut 250 auf 440 Milliarden Euro aufgestockt wird und künftig auch Staatsanleihen am Sekundärmarkt aufkaufen darf, wurde zwar bereits von den Staats- und Regierungschefs beschlossen. Dafür müssen die zu Grunde liegenden Garantien für Kredite an schwankende Euroländer von 440 auf 780 Milliarden Euro aufgestockt werden. Auch die Regierung in Berlin hat die nationale Regelung bereits genehmigt, nach dem der deutsche Anteil von 123 auf zumindest 211 Milliarden Euro hochgefahren werden soll.
Mehr Mitsprache
Doch nach dem Richterspruch wird das deutsche Parlament aller Voraussicht nach ein noch gewichtigeres Wort bei der Umsetzung mitzureden haben. Auch der nächste große Anwendungsfall steht heuer auf dem Programm, es handelt sich um die Umsetzung des Rettungsschirms ab Mitte 2013, der über 500 Milliarden Euro verfügen soll.
Als Referenz für die aktuelle Erwartungshaltung wurde gerne das legendäre Urteil des BVG zum Lissabonner Vertrag vor gut zwei Jahren herangezogen. Damals haben die Verfassungsrichter enge Leitplanken für jeden weiteren Vertiefungsschritt der Union aufgestellt und strikte parlamentarische Kontrolle dafür verordnet. Sogar ein Demokratiedefizit in der europäischen Maschinerie orteten sie. Den EU-Vertrag selbst kritisierten sie daher zwar deutlich, erklärten ihn aber am Ende als vereinbar mit dem deutschen Grundgesetz. Vor allem deshalb war die Erleichterung in Brüssel groß. Alle EU-Spitzenpolitiker fanden damals nur gute Worte für das umsichtige Vorgehen der Richter.