Auktionserlöse von CO2-Zertifikaten sind im Visier. | Agrarbudget soll gestutzt werden. | Aus für Rabatte auf EU-Beiträge. | Brüssel. Die Arbeiten für das nächste EU-Rahmenbudget von 2014 bis 2020 sind bereits angelaufen. Dabei setzt die EU-Kommission auf eine radikale Umstrukturierung der EU-Finanzen, die derzeit rund 120 Milliarden Euro pro Jahr ausmachen. So will sie massiv auf eigene Einnahmequellen setzen, um nicht mehr so stark von den Beiträgen aus den Haushalten der Mitgliedsstaaten abhängig zu sein. Zudem sollen die Abzüge bei den Beiträgen abgeschafft werden - der bekannteste davon ist der milliardenschwere "Briten-Rabatt".
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Überdies will die Kommission das Geld künftig anders ausgeben: Der bisher mit gut 50 Milliarden Euro pro Jahr größte Budgetposten für Agrarförderungen soll drastisch zugunsten neuer Schwerpunkte wie Forschung, Bildung, Klima und Energie zurechtgestutzt werden. Strukturförderungen für weniger wohlhabende Gebiete dürfte es künftig nur noch für die ärmsten Regionen geben. Das sind zentrale Punkte aus einem internen Papier der EU-Kommission, das der "Wiener Zeitung" vorliegt. Noch heuer wollen Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso und Budgetkommissar Algirdas Semeta ihre Ideen zur EU-Budgetreform präsentieren.
Auge auf Klima-Erlöse
Ausführlich beschäftigen sich die EU-Strategen mit möglichen künftigen EU-Einnahmen: Dabei haben sie besonders den Verkauf von CO2-Zertifikaten im Rahmen des EU-Emissionshandelssystems (ETS) im Fokus. Erlöse aus den Auktionen der Emissionsrechte könnten abgeschöpft werden - was gut zum Budgetschwerpunkt "Klima und Energie" passe. Experten schätzen, dass ab 2013 je nach Preis zwischen 30 und mehr als 50 Milliarden Euro pro Jahr durch die Zertifikatversteigerung lukriert werden können.
Klar sei allerdings,, dass diese Variante "nicht kurzfristig ins Auge gefasst" werden könne, schreiben die EU-Beamten. Unsicherheiten seien noch die Umsetzung des Klima- und Energiepakets inklusive der neuen ETS-Richtlinie für die Zeit ab 2013, der Ausgang der Klimaverhandlungen in Kopenhagen und die Entwicklung eines OECD-weiten Marktes für Emissionszertifikate, der für 2015 angestrebt werde. Noch in den 2010er-Jahren könne die EU-Abgabe aus dem ETS aber funktionieren.
Sollte das nicht auf Zustimmung stoßen, hat die Kommission noch einige andere Vorschläge auf Lager: Die von Österreich propagierte Finanztransaktionssteuer findet sich ebenso in ihrem Papier wie eine Abschöpfung von der Körperschaftssteuer, die dem ÖGB gefällt. Neben EU-Abgaben auf den Luftverkehr wie eine Kerosin- oder eine Start-Lande-Steuer können sich die Brüsseler Beamten sogar eine EU-Gebühr auf SMS vorstellen.
Notwendig ist die eigene Einnahmequelle für die EU laut dem Kommissionspapier geworden, weil der Anteil aus den Haushalten der Mitgliedsländer ständig steige und bis 2013 bei 74 Prozent des gesamten EU-Budgets liegen werde. Das führe in den Hauptstädten zu einer Mentalität, die vor allem auf möglichst hohe Rückflüsse und eine Optimierung der nationalen Nettobilanz abzielt. So würden der EU in "allen Politikfeldern" die Hände gebunden, heißt es sinngemäß.
Abgeschafft werden müssten neben den extrem kompliziert berechneten Abgaben aus den nationalen Mehrwertsteuereinnahmen auch alle Rabatte, um das künftige Budget transparenter und gerechter zu machen.
Für Großbritannien, das sich als einziges EU-Land nicht an der Konsultation zur Budgetreform beteiligt hat, ist das aber nichts Neues. Denn Brüssel will den vier bis sieben Milliarden Euro schweren Beitragsnachlass schon lange abschaffen. Als er den Briten 1984 zugestanden wurde, weil sie relativ wenig aus den Agrarfördertöpfen erhielten, wurde jedoch dummerweise kein Auslaufdatum vereinbart.