Bedenken wegen Datenschutz schwer auszuräumen. | EU-Parlamentarier bezweifeln Sinn des Vorschlags. | Brüssel. Kritik rief die EU-Kommission mit ihrem Vorschlag für die jahrelange Speicherung der persönlichen Reisedaten aller Passagiere hervor, die ein EU-Land per Flugzeug verlassen oder dort ankommen. Durch die Analyse dieser Informationen erwartet die Kommission Erfolge bei der Verhinderung und Ahndung von Terrorismus und anderen schweren Verbrechen wie Drogen- und Menschenhandel. Die USA, Kanada und Australien setzen bereits auf dieses Vorgehen. EU-Parlamentarier hingegen sorgen sich um den Datenschutz und bezweifeln den Mehrwert für die Sicherheit in Europa.
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Laut Innenkommissarin Cecilia Malmström soll ein dezentrales System geschaffen werden; vereinheitlicht würden nur die Datenschutzstandards und die Modalitäten der Datenübermittlung durch die Fluglinien. Diese müssten die Informationen möglichst 48 Stunden vor Abflug und nach dem Boarding an die Sicherheitsbehörden des Ziellandes schicken. Nur Sondereinheiten der jeweiligen nationalen Polizei sollten Zugang zu den Daten erhalten und diese nach gewissen Kriterien und Mustern abklopfen. Auch Vergleiche mit bestehenden Datenbanken gesuchter Personen wie dem Schengen-Informationssystem sind vorgesehen. Nur die Ergebnisse der Analysen sollen üblicherweise unter den Mitgliedstaaten ausgetauscht werden.
Anonym nach 30 Tagen
Um die Datenschutzbedenken auszuräumen, will Malmström im Gegensatz zum Abkommen mit den USA vor allem eine Anonymisierung der Informationen nach 30 Tagen. Weitere fünf Jahre dürfen die Daten dann aufgehoben werden; in Ausnahmefällen können die Namen wieder zugeordnet werden. Gespeichert werden 19 Datensätze wie Namen, Adresse, Kreditkarten- und Telefonnummer sowie der Reiseverlauf.
Mit einem ähnlichen Konzept sind einige Staaten schon vorgeprescht: Großbritannien verfügt bereits über ein Passagierdatensystem; Belgien, Dänemark, Frankreich, die Niederlande und Schweden testen oder planen eines. Die Notwendigkeit einheitlicher Kriterien für die Durchforstung der Daten weisen Kommissionsexperten zurück: "Unterschiedliche Flugrouten erfordern unterschiedliche Kriterien, die möglichst täglich aktualisiert werden." Die nationalen Behörden hätten die meiste Erfahrung mit ihren Flugrouten.
EU-Parlamentarier zweifeln: "Es muss dargelegt werden, dass die Einführung des Systems die EU wirklich sicherer macht und nicht nur eine weitere Sammlung von persönlichen Daten darstellt", mahnte ÖVP-Delegationsleiter Ernst Strasser. "Mehr Bürokratie statt mehr Sicherheit" befürchtet sein SPÖ-Kollege Jörg Leichtfried. Die Angst vor dem Terrorismus dürfe nicht die bürgerlichen Freiheiten beeinträchtigen. Die grüne Vize-Fraktionschefin Eva Lichtenberger sah in Malmströms Vorschlag gar einen "Schlag ins Gesicht für die europäischen Grundrechte". Es gebe keinerlei Belege für die Notwendigkeit einer flächendeckenden Überwachung aller Passagiere.