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BSE-Krise: Wer bezahlt wie viel?

Von Eva Steinkellner

Wirtschaft

Was die BSE-Krise kostet und welche Konsequenzen der BSE-Skandal für die Landwirtschaft hat, darüber ist man sich weder auf EU- noch auf Bundesebene im Klaren. Konkrete Kostenangaben zu machen, fällt auch deshalb schwer, weil noch nicht sicher ist, was mit den Tieren passieren soll. Wenn der Rindfleischkonsum weiter zurückgeht und auch das Einfuhrverbot von EU-Rindfleisch in Drittländer bestehen bleibt, dann werden heuer 1,3 Millionen Tonnen Rindfleisch nicht verkauft werden - das entspricht dem Fleisch von 4 Millionen Tieren.


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Der Rindfleischkonsum ist bereits EU-weit um 27 Prozent gefallen, warnt Agrarkommissar Franz Fischler. Prognostiziert war allerdings nur ein 10- prozentiger Rückgang. Wenn nun auch zusätzlich Produktion aus dem Jahr 2000 übrig ist, bliebe keine andere Alternative, als den Mitgliedsländern zu raten, großflächig Fleisch zur Vernichtung anzukaufen und eine Ausweitung der Vernichtungsaktion vorzuschlagen, meinte Fischler, der sich mit diesem Ratschlag der EU-Kommission anschließt.

Denn nur so könne der Markt stabilisiert, und die Kosten für das Budget halbwegs unter Kontrolle gehalten werden, meinte die EU-Kommission. Selbst wenn man 500.000 Tonnen Fleisch vernichtet, müsste man noch immer 795.000 Tonnen einlagern, da insgesamt 1,3 Millionen Tonnen Fleisch unverkäuflich sind. Für die Vernichtung dieser 500.000 Tonnen Fleisch sind für 2001 im EU-Nachtragshaushalt 700 Millionen Euro veranschlagt.

Für 2003 ist bereits mit einer Lagerung von 1,2 bis 1,8 Millionen Tonnen Rindfleisch zu rechnen. Die öffentliche Hand in der EU könne maximal eine Million Tonnen einlagern. Der Ankauf von Fleisch für die Einlagerung kostet pro Tonne 3.800 Euro; Geld, das ausschließlich aus dem EU-Budget finanziert wird, rechnet die EU-Kommission vor. Im Gegensatz dazu kostet die Vernichtung etwa 2.600 Euro pro Tonne, davon kommen 1.400 Euro aus dem EU-Budget und 1.900 müsste das jeweilige Mitgliedsland berappen. Daher setzt die EU-Kommission die Mitgliedsländer zusehends unter Druck, doch endlich mit der Massenvernichtung der Rinder zu beginnen. Alle Kostenprognosen hängen allerdings davon ab, wie weit der Verbrauch tatsächlich zurückgeht, und ob die Drittländer wieder Rindfleisch aus der EU einführen.

"Vernichtung keine Lösung"

Für den SPÖ-EU-Abgeordneten Herbert Bösch ist es mit 700 Millionen Euro nicht getan. Weitere Posten im EU-Nachtragshaushalt sehen nämlich überdies die Interventionskäufe von Rindfleisch zur Preisstützung und die Kofinanzierung der BSE-Tests vor. Die Vernichtung alleine wird nicht die Lösung der Krise sein, ist Bösch überzeugt.

Landwirtschaftsminister Wilhelm Molterer und Sozialminister Herbert Haupt hoffen, dass Österreich die Vernichtung der Rinder erspart bleibt. Als Chance sehen sie die sich abzeichnende Markterholung: Zu Jahresanfang betrug der Rückgang noch 30 Prozent, während Österreich momentan mit einem Rückgang des Verbrauchs von 15 Prozent wegkommen könnte.

Die Testung aller Rinder ist jedenfalls vorgesehen. Denn, so Haupt, man wolle sich nicht vorwerfen lassen, Österreich wolle durch die Vernichtung von Rindern "etwas vertuschen". Für den Landwirtschaftsminister ist das letzte Wort in der Vernichtungsangelegenheit noch nicht gesprochen: "Das ist eine der schwierigsten Entscheidungen in dieser Situation." Eine alternative Lösung schlug Oberösterreichs SPÖ-Landesvorsitzender Erich Haider vor. Die EU sollte nicht drei Millionen Rinder verbrennen, sondern gesunde Tiere in Notstandsgebiete schicken.

Schlachten statt Verbrennen

Die Tiere sollen, anstatt dem Verbrennungstod anheimzufallen, geschlachtet werden, auf BSE getestet und Ländern zu Verfügung gestellt werden, die das Fleisch dringend brauchen. Logistisch könnte man hier mit der Caritas oder dem Rotem Kreuz zusammenarbeiten.

Bis dato ist in Österreich noch kein BSE-Fall nachgewiesen worden. Dennoch ist laut Burgenlands Agrar-Landesrat Paul Rittsteuer "eine Hysterie eingetreten, die letztlich für unsere bäuerlichen Betriebe existenzgefährdend ist." In Burgenland sind die Bauern derzeit mit Preisrückgängen von 25 bis 30 Prozent bei Rindern konfrontiert. Nun gelte es, das Vertrauen der Konsumenten wieder herzustellen, meinte Rittsteuer. Maßnahmen, wie den weiteren Ausbau der regionalen Vermarktung sowie eine verstärkte Förderung der Biolandwirtschaft, sollen den Verkaufszahlen auf die Sprünge helfen.

Die Krise als Chance?

Auch Bösch sieht in der Krise eine Chance. Einerseits böte sich die Gelegenheit Bioprodukte in den Vordergrund zu schieben, andererseits könnte es nun zu durchgreifenden Änderungen in der Agrarpolitik kommen. Bösch plädierte daher für eine komplette Streichung aller Flächensubventionen. Die Landwirtschaftspolitik der EU und auch des Bundes ist jedenfalls am Ende, erklärte der EU-Abgeordnete.