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Vor zwei Tagen hat Stefanie Holzer an dieser Stelle moniert, dass der ORF, wenn er schon so etwas zeige wie "Taxi Orange", auch einmal eine Buchsendung produzieren solle, was - das schrieb Holzer nicht, aber sie meinte es vermutlich - dem öffentlich-rechtlichen Auftrag eher entspräche. Im Grunde hat sie Recht. Bücher kommen im heimischen Fernsehen so gut wie kaum vor, obwohl mehr denn je gedruckt und auch gekauft werden (wenn auch nicht unbedingt gelesen). Nur hie und da findet man eines mitsamt seines Verfertigers in den "Treffpunkt Kultur" (am Montag etwa der 1868 in Vorarlberg geborene Reiseschriftsteller Norman Douglas). Sonst bleibt der Deckel zu. Im Gegensatz zu fast allen anderen Kunstgattungen gibt es im ORF kein eigenes TV-Format für Bücher.
Jetzt könnte man fragen: Warum auch? Lesezeit und Fernsehzeit stehen in einem direkten Konkurrenzverhältnis. Meist geht das eine auf Kosten des anderen. Warum also sollte ausgerechnet das Fernsehen dafür werben, die Zeit mit einem Buch zu verbringen - statt mit einem ORF-Programm? Bücher werben ja auch nicht fürs Fernsehen, eher im Gegenteil (man denke nur an Neil Postman und Konsorten). Dazu kommt noch die Schwierigkeit, Literatur fernsehgerecht aufzubereiten. Meist geht in solchen Versuchen ein Dichter durch den Wald - und schaut versonnen. Die einzige erfolgreiche Literatursendung im Fernsehen ist folglich völlig unliterarisch. Denn das "Literarische Quartett" lebt einzig von der anschaulichen Rhetorik seiner Protagonisten, nicht von Büchern. Und Reich-Ranicki ist natürlich nicht, wie er sich gerne selbst geriert, die Instanz der Leser, sondern viel mehr, worauf Franz Schuh hingewiesen hat, die oberste Instanz für Nicht-Leser. Und die sind im Fernsehen noch immer am besten aufgehoben.