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Buch über Kärntner Ortstafelstreit sorgt für Irritationen

Von Wolfgang Zaunbauer

Politik

Auch extreme Gegner einer Einigung kommen unkommentiert zu Wort.


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Wien. Seit der Einigung im vergangenen Sommer ist der Kärntner Ortstafelstreit Geschichte. Diese Geschichte versucht nun der österreichische Spitzendiplomat und zweisprachige Kärntner Wolfgang Petritsch gemeinsam mit den Konfliktforschern Gudrun Kramer und Wilfried Graf anhand von sehr persönlichen Erfahrungsberichten und Interviews mit zahlreichen Zeitzeugen nachzuzeichnen. Die Herausgeber von "Kärnten liegt am Meer, Konfliktgeschichte/n über Trauma, Macht und Identität" sehen ihr Buch, das am Freitag in Wien präsentiert wurde, als Beitrag zu einem zivilgesellschaftlichen Diskussionsprozess, der auch nach der Einigung über die Ortstafeln fortgeführt werden müsse.

Für Diskussionen dürfte das Buch zweifellos sorgen. Vor allem, dass der im Jänner verstorbene frühere Nationalsozialist und freiheitliche Politiker Otto Scrinzi sich ohne jegliche kritische Hinterfragung darin verbreitern darf, sorgt bei vielen für Irritationen. So behauptet Scrinzi etwa, das Aufstellen zweisprachiger Ortstafeln gefährde die Einheit des Landes, weil dadurch wieder slawische Gebietsansprüche begründet werden könnten. Aufgrund dieser und anderer Aussagen Scrinzis haben dann auch einige slowenische Autoren ihre Mitarbeit an dem Buch zurückgezogen.

Den Vorwurf, zu unkritisch bezüglich der einzelnen Beiträge gewesen zu sein, weisen die Herausgeber zurück. Vielmehr habe man bewusst Kritiker des Prozesses (auch auf slowenischer Seite) interviewt, um eine "möglichst große Streuung" der Meinungen zu erreichen. Zu Scrinzi erklärte Petritsch, dass man nicht erwarten könne, dass jemand am Ende seines Lebens seine gesamten Überzeugungen revidiere.

Einer, der dies nach Jahrzehnten zähen Streits allerdings sehr wohl getan hat, ist Josef Feldner vom Kärntner Heimatdienst, der vom erbitterten Gegner zum begeisterten Verfechter eines zweisprachigen Kärntens geworden ist. Dass er über die Jahre durch seine Agitation Personen seelisch verletzt habe, tue ihm leid, erklärte Feldner am Freitag. Sein intensiver Dialog vor allem mit Marjan Sturm vom Zentralverband der Kärntner Slowenen hat maßgeblich zur Beilegung des Jahrzehnte lang schwelenden Streits beigetragen. Nun sei die Zeit reif gewesen für eine Lösung, so Feldner.

"Karinthischer Popanz"

Zum Ortstafelkompromiss, der zweisprachige Ortstafeln in 164 Orten mit mehr als 17,5 Prozent slowenischsprachiger Bevölkerung vorsieht, steht Petritsch zwiespältig. Einerseits finde er die Prozentformel "lächerlich und kleinkariert", andererseits zeigt er sich "froh, dass es abgehakt ist". Der Ortstafelkonflikt sei ein "karinthischer Popanz", hinter dem sich alles versteckt hätte. Deswegen habe die Kärntner Politik nie Sachpolitik machen müssen. Jetzt, da "die Kärntner Slowenen endlich in ihrer Heimat angekommen und sichtbar geworden sind", könne man endlich die wirklichen Probleme des Landes angehen.

Nach den Kärntner Ortstafeln hat sich Staatssekretär Josef Ostermayer das Volksgruppengesetz, das die heimische Minderheitenpolitik regelt, vorgenommen. Obwohl noch nicht einmal in Begutachtung, ruft die Novelle bereits Kritik von Volksgruppenvertretern hervor: Sie widerspreche den Grundsätzen des europäischen Minderheitenschutzes.

Im Büro Ostermayer zeigt man sich unbeeindruckt. Die Rechtmäßigkeit sei durch die EU-Kommission bestätigt worden. Der Entwurf liege nun bei der ÖVP und soll "ehest" beschlossen werden. Kernpunkt der Novelle: Die sechs anerkannten Volksgruppen (Burgenlandkroaten, Slowenen in Kärnten und in der Steiermark, Ungarn, Slowaken und Tschechen und burgenländische Roma) sollen bei der Vergabe von Förderungen durch sogenannte Beiräte mehr Autonomie bekommen.