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Bücher als Botschafter Österreichs

Von Michael Schmölzer

Europaarchiv

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Was im Jahr 1986 mit einem schlichten Leseraum im polnischen Krakau angefangen hat, ist mittlerweile zu einem "Großunternehmen" mit 50 selbständigen "Filialen" gediehen. In mehr als 20 Staaten, überwiegend im mittel-, ost- und südosteuropäischen Raum, sind es die Österreich-Bibliotheken, die für Interessierte eine gute Möglichkeit darstellen, mit dem "Land am Strome" geistig in Kontakt zu treten. Mehr als 100.000 Menschen nutzen diese Bibliotheken, die mittlerweile zu ganzen "Kultur- und Medienzentren" ausgebaut wurden.

"Gründervater Kraus"

Der ideelle Anstoß sowie die Grundlagen zur Verwirklichung des Projekts stammen vom Gründer der Österreichischen Gesellschaft für Literatur, Wolfgang Kraus. Er wollte im Jahr 1961 über die Gründung dieser Gesellschaft "den Provinzialismus aus Österreich vertreiben", wie sich die jetzige Leiterin der Literaturvereinigung, Marianne Gruber, erinnert. Kraus lud ab dem Jahr 1962 österreichische Literaten, die vor und während des Dritten Reichs ins Exil gegangen waren, ein, in ihre ehemalige Heimat zu kommen, schuf die erste Plattform zur Präsentation moderner Literatur in Wien und kümmerte sich um Dissidenten jenseits des Eisernen Vorhangs. Kraus war es zu verdanken, dass Persönlichkeiten wie etwa Vaclav Havel allen KP-Ausreiseverboten zum trotz das erste Mal in ihrem Leben in den Westen kommen konnten. Der Literatenfreund Kraus betrieb seine Einladungspolitik so geschickt, dass tatsächlich sämtliche Klippen umschifft werden konnten und auch Gegeneinladungen in den Ostblock erfolgten. "Das Netzwerk, das Kraus geschaffen hat, war der Grundstock, auf dem die Idee der Österreich-Bibliotheken aufbauen konnte", so Gruber zur "Wiener Zeitung". Noch heute kümmert sich die Gesellschaft, wie auch das Ost-Südosteuropa-Institut, auf vielen Ebenen um Wissenschafter und Literaten, die im Rahmen von Stipendien nach Österreich kommen.

Partnerschafts-Projekt

Besonders stolz ist man heute im Außenministerium auf die Tatsache, dass die Bibliotheken von lokalen Trägerorganisationen und nicht durch heimische "Funktionäre" geführt werden. Der Ankauf der Bücher für die Österreich-Bibliotheken erfolgt zwar durch das Bundesministerium, aber die Infrastruktur und die Kosten für das Bibliothekspersonal werden von Stellen im jeweiligen Ausland getragen. Für sehr budgetschwache Länder gibt es allerdings auch hier Förderungen von der Republik Österreich.

Die Bibliotheken haben das erklärte Ziel, einer breiteren Öffentlichkeit im ehemaligen "Osten" österreichische Literatur sowie Informationen über Geschichte und Gegenwart Österreichs zugänglich zu machen. Die meisten Österreich-Bibliotheken organisieren neben der Bibliotheksarbeit (die Bestände umfassen annähernd 250.000 Bände) Veranstaltungen auf dem kulturellen Sektor wie Lesungen und Vorträge. Sie stellen durch diese Tätigkeiten in jenen Städten, in denen Österreich weder durch eine Botschaft noch durch andere offizielle Einrichtungen präsent ist, eine kulturelle Anlaufstelle für Interessierte dar. Und übertreffen vielerorts die Deutschland-Bibliotheken an Umfang und Ausstattung.

Web-Portal

Das neu geschaffene Web-Portal www.oesterreich-bibliotheken.at bietet detaillierte Angaben über Bestände, Aktivitäten und aktuelle Entwicklungen der einzelnen Bibliotheken. Es soll eine Vernetzungsfunktion zur Bündelung der Informationen, zum Gedankenaustausch und zur Erleichterung der Arbeit für die Benützer der Österreich-Bibliotheken ausüben.

Mittel zur Sprachbildung

Die in insgesamt 23 Staaten, darunter auch in Israel befindlichen Österreich-Bibliotheken leisten dabei einen wichtigen Beitrag zur Verbreitung der deutschen Sprache. In Mittel-, Ost- und Südosteuropa ist hier ein rasant steigendes Interesse zu bemerken. Ganz im Gegensatz zu den USA, wo das Interesse für die deutsche Sprache in den letzten Jahren drastisch abgenommen hat.