Mit einer "Buckelpiste - mit flachem Anstieg und sehr vielen Hügeln" - vergleicht Karl Aiginger, Leiter des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo), die Konjunktur. Steuerreform und Exporte wirken sich positiv auf das Wachstum aus, das das Wifo mit 2,2% (heuer) bzw. 2,3% (2006) annimmt. Alles in allem findet Aiginger die Zukunftsaussichten nicht "zufrieden stellend".
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Ob positiv oder negativ - Exportzahlen oder Arbeitslosigkeit - neu sind die Fakten nicht. Doch Aiginger sieht "viel größere Unsicherheiten" als noch im Dezember. "Wie lange hält der weltweite Aufschwung? Wie steil ist der Abstieg nach dem Gipfel?"
Der Exportboom ist nicht hausgemacht, in erster Linie heißen die Zugpferde - Stichwort: schwacher Dollar - USA und Asien. Dass Österreich dennoch geringfügig über dem Euroraum wächst, liegt einerseits an den Auswirkungen der Steuerreform - die Konsumenten profitieren laut Wifo von der Einkommenssteuersenkung und werden das zusätzliche Nettoeinkommen zumindest teilweise für Konsumgüter ausgeben.
Andererseits sind die USA zum drittwichtigsten Handelspartner aufgestiegen und die EU-Erweiterung wirkt sich positiv aus. Österreich habe seine Produktion auf höherwertige Güter umgestellt: "Arbeitsteilungen mit neuen EU-Ländern bringen Kostenvorteile", erklärte Aiginger am Freitag vor Journalisten.
Nicht ganz einig sind das Wifo und das Institut für höhere Studien (IHS) über die Rolle, die der Ölpreis spielt: "Der hohe Rohölpreis kann nicht als zentrales Hindernis angesehen werden, die Wirtschaft in den USA und Asien wächst sehr rasch", meint das Wifo. Anders das IHS: "Die hohen Rohölpreise und der starke Euro werden die Wirtschaftsentwicklung in Europa auch in den nächsten Monaten belasten." Das IHS hat seine Wachstumsprognose gegenüber Dezember für heuer von 2,3 auf 2,1% gesenkt, für kommendes Jahr aber von 2,4 auf 2,5% erhöht.
Weiterhin viele Arbeitslose
Die Beschäftigtenzahl wird weiter steigen - die Arbeitslosenzahl ebenfalls. Aiginger: "Die relativ schlechte Arbeitslosenlage in Deutschland trifft Österreich." Es sind weniger Menschen aus Osteuropa, dem ehemaligen Jugoslawien und der Türkei, als viel mehr Ostdeutsche, die in vor allem im Handel, Tourismus und Gesundheitswesen Beschäftigung finden.
"Man kann aber nicht die gesamte Problematik auf diese Zuströme reduzieren", gab Aiginger zu bedenken. Die Gründe für die Arbeitslosenzahlen (4,5% laut EU-Definition) liegen in demographischen Gegebenheiten (Zuwanderung, Geburtenzahlen) und der Pensionsreform. Um die Arbeitslosigkeit zu senken, müsste laut Wifo das Bruttoinlandsprodukt um 2,5% wachsen.
Geteilte Meinung
"Die Politik muss alle Möglichkeiten für mehr Wachstum ausschöpfen", sagte Aiginger und verwies auf Forschung und Entwicklung. IHS-Leiter Bernhard Felderer meinte hingegen: "Wir halten die Budgetpolitik nicht für das Allheilmittel gegen das Konjunkturproblem Europas."