SPÖ und ÖVP haben in Verhandlungen mehr ausgemacht, als beide bisher bekanntgaben.
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Wien. "Glauben Sie mir, mit der Angelobung weiß jeder Minister, wie viel Geld er zur Verfügung haben wird." Der mutige Satz des Neo-ÖVP-Klubobmanns Reinhold Lopatka im ORF beim "Runden Tisch" hält nach "Wiener Zeitung"-Recherche, was er verspricht: Das Budget 2014 ist - auf Basis der neuen Pläne - fertig, ausverhandelt mit dem Koalitionspaket. Erstaunlich daran: Darüber findet sich kein Wort in selbigem Pakt, und auch der Nationalrat hat noch keine Ahnung, wann das Zahlenwerk vorgelegt und diskutiert werden wird. "Mein Eindruck war, dass die beiden so mit sich selbst beschäftigt sind, dass sie für das Parlament noch keine Zeit hatten", sagte Matthias Strolz von Neos zur "Wiener Zeitung". "Es hieß bisher, irgendwann Anfang Jänner."
Budgetplan muss halten
Faktum ist aber, dass sich Vizekanzler und Neo-Finanzminister Michael Spindelegger sowie seine beiden Staatssekretäre Jochen Danninger und Sonja Steßl in ein gemachtes Bett legen können. Die Budgeterstellung zählt zur politischen Königs-Disziplin, mit dem recht gut abgesicherten Bundeshaushalt 2014 startet die neue Regierung einigermaßen entspannt. Zum Vergleich: Das im März 2007 vorgestellte Budget für das Jahr 2007 der damaligen Neo-Koalitionäre Alfred Gusenbauer und Wilhelm Molterer führte zu gröberen Wickeln beider Parteien. Das alles wollte man sich diesmal ersparen - es gilt ja, Arbeitswillen für das Land zu demonstrieren.
"Jedes Ressort weiß genau, was möglich ist", bestätigten Minister von SPÖ und ÖVP am Montag.
Die Budgetzahlen, noch ein gut gehütetes Geheimnis, gehen beim mittlerweile berühmten "strukturellen Defizit" von folgenden Annahmen aus: 2014 soll dieses Budget-Defizit, das von konjunkturellen Schwankungen bereinigt ist, bei 1,2 bis 1,3 Prozent liegen. 2015 soll es unter ein Prozent fallen, 2016 sollen schließlich 0,45 Prozent des Bruttoinlandsproduktes erreicht werden. Das gilt als ausgeglichen.
Der arg zerzausten SPÖ/ÖVP-Koalition (Mutlosigkeit, Perspektivenlosigkeit, keine politischen Visionen) liegt viel daran - so die überstimmende Meinung der neuen Regierungsmitglieder am Tag der Angelobung -, valide Zahlen vorzulegen. Die Budgetloch-Debatte steckt beiden Regierungspartnern noch in den Knochen, umso vorsichtiger wird nun vorgegangen.
Als Helfer in der Not könnte sich übrigens die wirtschaftliche Entwicklung zeigen. Die Ökonomen der Bank Austria rechnen nun für 2014 mit einem Wirtschaftswachstum von zwei Prozent und 2015 mit 2,1 Prozent. Das ist deutlich besser als die 0,3 bis 0,4 Prozent von heuer. Auch das Wirtschaftsforschungsinstitut wird in den kommenden Tagen eine optimistischere Einschätzung als zuletzt veröffentlichen. Das zuletzt debattierte Prognose-Loch könnte sich also in den kommenden zwei Jahren in einen Prognose-Berg verwandeln - die Steuereinnahmen würden demnach besser ausfallen, die Arbeitslosigkeit leicht reduziert. Gute Nachrichten sind auch für Regierungsparteien vorteilhaft, vor allem bei Wahlen. Und im Mai 2014 steht die Europa-Wahl an, 2015 wird mit den Landtagswahlen in Wien, Oberösterreich, Steiermark und Burgenland ein "Super-Wahljahr".
Und so stark das Regierungsprogramm grundsätzlich kritisiert wird, bei den zugrunde gelegten Budgetzielen entpuppt es sich als knochentrocken.
Beispiel "Entfesselung der Wirtschaft": Die geplante Abschaffung der Gesellschaftssteuer für Kapitalgesellschaften wurde um zwei Jahre verschoben, sie bringt jährlich zwischen 90 und 100 Millionen Euro. Dazu kommt eine neue Regelung: Pacht-, Lizenz- und Zahlungen für Fremdkapital-Zinsen, die an eine Firma mit Sitz in einer Steueroase geleistet werden, sind für Unternehmen ab 2014 nicht mehr abzugsfähig. Auch das bringt etwa 100 Millionen - damit werden die von der ÖVP geforderten, aber nicht näher definierten "Offensivmaßnahmen für Wachstum und Beschäftigung" finanziert.
Konjunktur hilft
Dafür stehen zusätzliche Ausgaben wie die Gratis-Zahnspange oder die Begünstigung von Mitarbeiter-Modellen extra unter dem viel zitierten "Finanzierungsvorbehalt": Wann sie in der Legislaturperiode kommen, ist völlig offen.
Auch die großen Brocken, wie die grundsätzlich vereinbarte Steuerreform, hängen im Wesentlichen von der Konjunkturentwicklung und den Steuereinnahmen ab. Da die - nach den kommenden Prognosen - wieder besser ausschaut, wird es in Koalitionskreisen durchaus für möglich gehalten, die Steuerreform im Jahr 2015 zu beschließen und gestaffelt bis 2017 in Kraft treten zu lassen.
Denn in den Vereinbarungen zum Koalitionspakt finden sich viele Punkte, die der Regierung die Arbeit leichter machen.
So ist etwa ausgemacht, dass Unternehmen künftig verpflichtend eine Registrierkasse zu unterhalten haben. Das klingt fad, bringt nach einer Schätzung des Finanzministeriums aber wenigstens 200 Millionen Euro Umsatzsteuereinnahmen. Es geht dabei um bar bezahlte Rechnungen (vor allem) in Handwerk und Gastronomie, die nicht immer in die offizielle Rechnungslegung Eingang finden. Und nach diesem Muster gibt es viele Einzelheiten im Regierungsübereinkommen, das ein wesentliches Ziel hat: Der Budgetvollzug soll besser sein als Voranschläge, die auf Annahmen beruhen.
Neues Amt, neue Köpfe
Mit Maria Fekter verlässt auch ihr Team das Finanzministerium. Nachdem unmittelbar nach der Wahl ihr Sprecher und stellvertretender Kabinettschef Gregor Schütze als Finanz- und Marketingdirektor zum Privatsender ATV gegangen ist, wechselt auch ihr letzter Pressereferent, Andreas Perotti, "in die Privatwirtschaft".
Aber auch bei Michael Spindelegger, neuer Chef in der Himmelpfortgasse, gibt es im Team einige Rochaden. Zwar wechselt fast sein gesamtes Kabinett mit ihm vom Außen- ins Finanzministerium, allerdings zu geänderten Konditionen. Nachdem ja sein Kabinettchef Jochen Danninger zum Staatssekretär aufgestiegen ist (und sich die Kabinettsmitarbeiter Martha Penz zur Kabinettschefin gemacht hat), rückt der bisherige Spindelegger-Sprecher Thomas Schmid zum Kabinettschef des Finanzministers auf. Pressesprecherin des Vizekanzlers soll die bisherige Pressechefin der ÖVP, Michaela Berger, werden.
Mit Leo Szemeliker hat sich Neo-Staatssekretärin Sonja Steßl einen erfahrenen Mann als Sprecher geholt. Der frühere Journalist diente Kanzler Werner Faymann als Sprecher und zuletzt als wirtschaftspolitischer Berater.