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Budget als Parlaments-Geisel

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

Langer Streit um Zugeständnisse ans Parlament. | Abgeordnete wollen mehr Mitsprache und eine EU-Steuer. | Brüssel. Bei den entscheidenden Verhandlungen über das EU-Budget 2011 zeichnen sich zähe Gespräche ab. Ein Einverständnis gab es am gestrigen Donnerstag nicht; in informellen Gesprächen soll am Montag weiter nach einer Lösung gesucht werden.


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Einigen müssen sich die Vertreter der Mitgliedstaaten mit den Verhandlern des EU-Parlaments nicht nur über den Haushalt für das kommende Jahr. Die Abgeordneten sehen darin offensichtlich auch ein erstes Kräftemessen im Vorfeld des anstehenden Tauziehens um den nächsten EU-Finanzrahmen von 2014 bis 2020.

Sie verlangten möglichst weitreichende Zusagen, die ihre Interessen in der mittelfristigen Budgetdiskussion wahren sollten. Viel Zeit bleibt den Verhandlern jedenfalls nicht: Fertig werden muss das neue Budget nämlich spätestens bis Montag. So sehen es die neuen Regeln gemäß dem Lissabonner Vertrag vor.

Und schon am Donnerstagnachmittag wurde klar, dass der EU-Haushalt für nächstes Jahr höchstens 126,527 Milliarden Euro umfassen werde. Das bedeutete gegenüber dem heurigen Budget eine Steigerung um 2,91 Prozent und entspricht exakt der Forderung der Mitgliedstaaten. Nachdem 13 Staats- und Regierungschefs inklusive aller großen Länder wie Großbritannien, Frankreich und Deutschland sowie auch Österreich diese Zahl beim letzten EU-Gipfel ultimativ und schriftlich gefordert hatten, gab es finanziell keinen wirklichen Spielraum mehr.

Das sahen die Vertreter des EU-Parlaments auch ein. Sie hatten ursprünglich eine Erhöhung von rund sechs Prozent gegenüber 2010 verlangt.

Doch die Diskussionen, welche Gegenleistung dafür die Mandatare genau erhalten sollten, versprechen hitzig zu werden. Im Wesentlichen wollen sich die Abgeordneten zusichern lassen, dass sie bei den Verhandlungen zum nächsten Rahmenbudget als möglichst gleichberechtigte Partner behandelt werden. Denn die Letztentscheidung liegt dabei ausschließlich bei den Mitgliedstaaten, die die Union schließlich finanzieren.

Auch um diese Tatsache zu relativieren, hätte das EU-Parlament gerne eine Debatte über mögliche EU-Steuern angestoßen. Solche neuen eigenen EU-Einnahmen will auch EU-Budgetkommissar Janusz Lewandowski; sie haben aber nach Einschätzung von Diplomaten absolut keine Chance, in absehbarer Zeit verwirklicht zu werden. Deutschland, Frankreich und Großbritannien haben das bereits einhellig und entschieden abgelehnt.

Gleichbehandlung statt europäische Steuern

In ersten Entwürfen der möglichen Erklärung der Mitgliedstaaten, die der "Wiener Zeitung" vorlagen, war daher - weitgehend unstrittig - viel von der vollständigen Gleichbehandlung der Institutionen und weniger von EU-Steuern die Rede. Bis Juni 2011 solle sie in detaillierten Vereinbarungen manifestiert werden.

Abgesehen davon gab es noch eine Reihe rechtstechnischer Unklarheiten, bei denen angeblich vor allem die Briten und die Niederländer sicherstellen wollten, dass dem EU-Parlament nicht Zusagen gemacht würden, die noch über dessen ohnehin durch den Lissabonner Vertrag gestärkte Rolle hinausgehen.

Denn auch langfristig haben das Europäische Parlament und vor allem die Nettozahler gegensätzliche Interessen: Die Abgeordneten wollen immer mehr Geld, weil die Union nach Lissabon auch viel mehr Aufgaben habe. Die Mitgliedstaaten leiden dagegen unter ihren eigenen klammen Haushalten und versuchen ihren Beitrag an Brüssel daher so niedrig wie möglich zu halten.