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Der israelische Ministerpräsident Ariel Sharon gerät nach dem Verlust seiner Mehrheit im Parlament unter wachsenden Druck, eine große Koalition zu bilden. Hintergrund ist ein Streit mit seinem größten Koalitionspartner, der säkularen Shinui-Partei, um das Budget 2005.
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Justizminister Tom Lapid Lapid drohte am Donnerstag an, dass seine Shinui-Partei aus der Regierung austreten werde, falls Sharon, wie angekündigt, der oppositionellen orthodoxen Partei Vereintes Thora-Judentum (UTJ) hunderte Millionen Schekel (1 Schekel = 0,174 Euro) übermittelt, damit diese dem Budgetgesetz 2005 zustimmt. Sharon solle sich lieber darum bemühen, endlich ernsthafte Koalitionsverhandlungen mit der Arbeiterpartei zu beginnen, damit die Regierung wieder mehrheitsfähig ist, als sich an die Ultraorthodoxen anzubiedern, zürnte Lapid. Sollte die Bildung einer großen Koalition scheitern, gegen die sich vor allem Sharons eigenen Likud-Partei aufbäumt, schlug der Shinui-Chef Sharon vor, Neuwahlen auszuschreiben. Eine Zustimmung zum Budgetgesetz komme jedenfalls für seine Partei unter diesen Umständen nicht in Frage. Man werde das Pumpen von Millionen Shekel Steuergelder in die Institutionen der Ultrareligiösen nicht mittragen.
Premier zeigt sich von Drohgebärden unbeeindruckt
Sharons Büro zeigte sich von Lapids Reaktion "wenig überrascht" und schob ihm die Schuld für das Scheitern einer mehrheitsfähigen Regierung indie Schuhe. Sollte Shinui die Regierung verlassen, würde dies Sharons Leben erleichtern, denn dann könne er endlich mit Shas-und Arbeiterpartei zusammengehen, meinte ein Mitarbeiter des Premiers.
Zwar hatte Shinui tatsächlich eine Koalition mit jeder streng orthodoxen Gruppierung abgelehnt - also auch mit der Shas-Partei -, doch das Bündnis mit der Arbeiterpartei von Shimon Peres scheiterte bisher nicht an Lapid, sondern an den Hardlinern in der Likud-Partei. Sharon ist daher zurzeit gar nicht in der Lage, eine neue Regierung zu bilden. Sollte das Haushaltsgesetz nun scheitern, würde sein Kabinett aber auf jeden Fall stürzen. Die Arbeiterpartei hatte zwar kein Problem damit, die Minderheitsregierung zu stützen, wenn es darum ging, in der Knesset gegen die Hardliner den Gaza-Abzugsplan durchzubringen, beim Budget will sie aber nicht als Mehrheitsbeschafferin fungieren.
Barghuti kandidiert
Der in Israel inhaftierte palästinensische Politiker Marwan Barghuti will nach Angaben eines Vertrauten für das Amt des Präsidenten kandidieren. Der 45-Jährige gilt als der populärste Politiker neben dem verstorbenen Präsidenten Yasser Arafat. Barghuti würde bei einer Kandidatur am 9. Jänner den früheren Ministerpräsidenten Mahmud Abbas herausfordern, den das Zentralkomitee der Fatah am Montag offiziell nominiert hatte. Barghuti repräsentiert die jüngere Generation der von Arafat gegründeten Fatah-Bewegung. Barghuti wurde in Israel wegen Beteiligung an Terroranschlägen zu lebenslanger Haft verurteilt. Israels Ministerpräsident Ariel Sharon hatte jüngst Medienberichte zurückgewiesen, nach denen Barghuthi für eine Kandidatur frei kommen könnte. Barghuthi bestreitet seine Schuld.
Obwohl es in letzter Zeit keine Anschlägen gab, setzt Israel die Ermordung von Hamas-Mitgliedern fort. Im Gazastreifen erschossen Soldaten zwei Männer, die gerade aus der Moschee kamen. Zwei weitere Mitglieder starben bei einem Militäreinsatz in Hebron.