ÖVP-Klubchef Kopf will mehr Sitzungstage, aber Ausschüsse halbieren.
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Wien. Am hiesigen Parlamentarismus ist leicht leiden. Tatsächlich sind sich nicht nur die meisten Beobachter, sondern auch die 183 Abgeordneten weitgehend einig, dass in Sachen Qualität und Substanz durchaus Luft nach oben besteht. Zu antiquiert, zu behäbig, zu steril ist in vielen Fällen die Arbeit im Hohen Haus. Entsprechend regelmäßig findet sich die Überschrift "Parlamentarismusreform" auf Forderungskatalogen und Regierungsübereinkommen wieder. Nur der sprichwörtliche große Sprung nach vorn, der will nicht gelingen.
Schwerpunkte setzen
Am Donnerstag war es an Karlheinz Kopf, Klubobmann der ÖVP, eine "ordentliche Reform des Parlamentarismus gleich nach den Wahlen" einzumahnen. So sei etwa eine Plenarsitzung im Monat "nicht mehr zeitgemäß", da dies kaum Platz für aktuelle Themen lasse. Stattdessen soll es, so Kopf in einem Hintergrundgespräch, einen wöchentlichen Plenartag geben, wobei jedoch eine Woche im Monat für die Wahlkreisarbeit der Abgeordneten sitzungsfrei gehalten werden solle. Der schwarze Klubchef hält auch die durchaus beachtliche Zahl von 40 Ausschüssen des Nationalrats für zu hoch - mit einer Halbierung auf 20 könne auch das Auslangen gefunden werden - und darüber hinaus eine inhaltliche Spezialisierung der Abgeordneten ermöglichen. Auch mit der Tradition, Themen wie Kraut und Rüben an einem Sitzungstag abzuhandeln, soll gebrochen werden; stattdessen sollen inhaltliche Schwerpunktsetzungen möglich werden.
Zumindest bei den Grünen findet Kopf mit einigen seiner Forderungen Gehör. Mehr öffentliche Sitzungstage hält deshalb auch Verfassungssprecherin Daniela Musiol für hoch an der Zeit, das sei auch international längst üblich. Allerdings müssten dazu zuvor die Themen in den Ausschüssen bearbeitet und entschieden werden - hier seien die beiden Regierungsparteien SPÖ und ÖVP oft säumig.
Ewiges Thema U-Ausschüsse
Offen ist dagegen, wie es mit der Kernforderung nach Untersuchungsausschüssen als Minderheitenrecht weitergeht. Zwar haben sich sowohl Kopf als auch SPÖ-Pendant Josef Cap schriftlich dazu bekannt, es spießt sich jedoch bei der konkreten Umsetzung. Kopf will etwa die Vertraulichkeit von laufenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen sowie die Bürgerrechte von Zeugen gewährleistet wissen. Musiol pocht auf das Recht der Minderheit, Zeugen auch gegen den Willen der Mehrheit vor den U-Ausschuss zu beordern. Ein Kompromiss wird wohl so schnell nicht kommen, wobei Musiol durchaus Verständnis äußert für Kritiker, die aus rechtsstaatlichen Gründen Vorbehalte gegen die derzeitige Praxis von U-Ausschüssen hegen.
Insgesamt attestiert die Oppositionspolitikerin der hiesigen Spielart des Parlamentarismus durchaus Aktivität, und das nicht nur im Sinne von Aktivismus. Dazu beigetragen habe insbesondere der Ausbau des Rechts- und Legislativdienstes sowie die Etablierung eines Budgetdienstes für die Volksvertretung, die die Abgeordneten bei ihrer Erarbeitung unterstützen. Dazu muss man wissen, dass traditionell das Gros der legistischen Arbeit in Österreich nicht vom Parlament, sondern von den Ministerien geleistet wird und das Parlament in dieser Hinsicht kaum über das notwendige fachliche Wissen und die Personalressourcen verfügt. Mit den beiden Diensten hat sich das zumindest rudimentär verbessert. Nur dass diese Infrastruktur weisungsgebunden Nationalratspräsidentin Barbara Prammer unterstellt ist, ist sowohl Kopf wie auch Musiol ein Dorn im Auge.