Eurobarometer zeigt steigende Angst vor Armut und Arbeitslosigkeit. | Geringe Erwartungen an öffentliche Verwaltung. | Brüssel. Die Österreicher sind mit ihrer eigenen sozialen Situation halbwegs zufrieden. Für ihr Land fürchten sie als Folgen der Wirtschaftskrise und der steigenden Arbeitslosigkeit mehr Armut. Schon fast traditionell am wenigsten zufrieden mit ihrer Lage sind die Bulgaren gefolgt von den Ungarn. Ebenso stabil auf der anderen Seite sind die Dänen, Schweden, Niederländer, Finnen und Luxemburger in dieser Reihenfolge am frohesten mit ihrer Lebenslage. Das ergab eine gestern, Dienstag, vorgestellte Eurobarometer-Umfrage.
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Abgefragt wurde von den knapp 27.000 Teilnehmern, ihr Befinden auf einer Skala von minus 10 für "sehr unzufrieden" und plus 10 für "Sehr zufrieden" zu bewerten. Die äußersten Eckpunkte waren Bulgarien mit minus 1,9 und Dänemark mit 6,5; Österreich hielt bei 3,6.
Die Bedrohung durch Armut halten die EU-Bürger laut Eurobarometer zu 73 Prozent für weit verbreitet, die Österreicher zu 53 Prozent. Laut dem EU-Statistikamt Eurostat sind nicht weniger als 80 Millionen Europäer und damit 16 Prozent der Gesamtbevölkerung arm. Das heißt sie haben zu wenig finanzielle Mittel, um sich die grundlegendsten Bedürfnisse erfüllen zu können.
In der Selbstwahrnehmung sind erneut die Bulgaren die ärmsten vor den Ungarn, die zu je 46 und 43 Prozent erklärten, sich nicht jeden zweiten Tag ein Stück Fleisch, Huhn oder Fisch leisten zu können. Gefolgt werden die beiden Länder von der Slowakei, Rumänien und Lettland, die alle um die 20 Prozent liegen.
Paradox optimistisch
Klar wurde bei der Befragung auch, dass sich weit mehr als die Hälfte der Mitgliedstaaten wenig von ihren öffentlichen Verwaltungen erwarten. Nur die Luxemburger glauben, dass sie in Zukunft besser funktionieren wird. Bloß in Schweden, Estland, Dänemark, Lettland und Deutschland empfinden die Menschen den Preis für Wohnraum nicht zu teuer, um sich adäquat unterbringen zu können.
Dass die Österreicher mit sich soweit zufrieden, allgemein aber pessimistisch sind, nennt Daniel Schönherr vom Österreichischen Gallup Institut das "optimistische Paradoxon". Die eigene Situation in finanzieller und persönlicher Hinsicht sowie beim Job werde grundsätzlich positiver gesehen als die Lage des Landes oder gar Europas. "Da geht es linear bergab." Bei der Aussicht auf die wirtschaftliche Entwicklung sei daher jene für die gesamte Welt immer die trübste.
Ein Grund dafür sei auch die Medienberichterstattung: Liest der Bürger von 400.000 Arbeitslosen, ist aber selbst nicht betroffen, geht es ihm vergleichsweise gut, so die Logik. Quer durch alle Umfragen ziehe sich auch die Tendenz, dass Bürger neuer Mitgliedstaaten eher unzufrieden mit ihrer wirtschaftlichen Lage und dem Funktionieren ihrer Demokratien seien. Auf der anderen Seite seien die Skandinavier und Luxemburger immer die zufriedensten, was durch die wirtschaftliche Realität gedeckt sei. Der Österreicher raunze über die eigene Situation vor allem dann, wenn ausschließlich seine Situation ohne Vergleich mit dem Land oder Europa abgefragt werde, so Schönherr: Dann "geht's auch persönlich ganz gern Mal schlecht".