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Bulgariens Justiz hat "Zeit verloren"

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

Sofia hinkt Bukarest hinterher. | Entscheidender Bericht im Mai. | Straßburg. Es handle sich keineswegs um eine Vorentscheidung, sagte Erweiterungskommissar Olli Rehn gestern, Dienstag. Der geplante Beitritt Rumäniens und Bulgariens 2007 sei weiterhin "machbar". Wahrscheinlich sei jedoch die Aktivierung von in den Beitrittsverträgen verankerten Schutzklauseln, welche den neuen Ländern einige Mitgliedsrechte vorläufig vorbehalten würden. Die können ganz unbürokratisch durch eine Kommissionsentscheidung ausgelöst werden. Vergleichbar sind sie etwa mit den Übergangsfristen für Arbeitnehmer aus den neuen EU-Ländern. Viel schwieriger wird die Verschiebung des Beitritts um ein Jahr - darüber müssten die EU-Mitglieder abstimmen.


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Doch die beiden Länder seien "sehr nahe daran, die Bedingungen für den Beitritt zu erfüllen", sagte Rehn. Sie würden von der Kommission im entscheidenden Bericht am 16. Mai aber getrennt "auf Grundlage ihrer eigenen Leistungen" bewertet. Denn vor allem für Sofia bestehe noch dringender Handlungsbedarf. Bulgarien habe "Zeit verloren". Die bisherige Justizreform sei auch nach der jüngsten Verfassungsänderung "noch nicht ausreichend". Der "beste Weg" sei eine weitere Modifizierung der Verfassung, um ein unabhängiges Justizsystem zu garantieren. Es müsse darüber hinaus "glaubwürdige Erfahrungswerte im Kampf gegen die Korruption und die organisierte Kriminalität" geben.

Rumäniens Fortschritt

"Bedeutenden Fortschritt" habe dagegen Rumänien bei seiner Justizreform gemacht, betonte Rehn. "Wir glauben, dass Rumänien auf dem richtigen Weg mit den Reformen des Justizsystems ist, wenn das jetzige Tempo der Umsetzung beibehalten wird." In beiden Ländern sei aber der Menschenhandel weiterhin problematisch. Einen Aufschub werde er nur bei "gravierenden Problemen" empfehlen. Schutzklauseln werde die Kommission bei ihrem nächsten Fortschrittsbericht im Herbst unter die Lupe nehmen, falls der EU-Gipfel im Juni den Beitritt per 2007 bestätigt. Um dies den EU-Staaten zu erleichtern, will Bulgarien noch im April "eine Reihe von Ergebnissen" vorweisen. Es würden "Zeichen von politischem Willen und konkrete Handlungen" zur Bekämpfung von Korruption und Kriminalität sein, kündigte Premier Sergej Stanischew an. "Ernsthaft besorgt" über die Einschätzung der Kommission zeigten sich die rechten Oppositionsparteien. Sie wollen mit "parlamentarischen Instrumenten" - wie Misstrauensantrag - die Reformarbeit der Regierung beschleunigen.