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Bund erhöht Gebührendruck auf Wien

Von Karl Ettinger

Politik

Rathaus fürchtet Qualitätseinbußen im Fall einer Aussetzung der Inflationsanpassung der Kosten.


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Gebühren des Bundes werden nicht zuletzt wegen der hohen Teuerung und den Folgen des Kriegs in der Ukraine nicht angehoben. Darauf haben sich die Regierungsparteien auf Bundesebene, ÖVP und Grüne, jetzt verständigt. Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) und Vizekanzler Grünen-Chef Werner Kogler haben diesen Stopp bei Bundesgebühren, darunter für Reisepass und Führerschein offiziell verkündet. Damit gerät die SPÖ-dominierte Stadt Wien immer mehr unter Druck. Denn die rot-pinke Rathaus-Koalition hat die Entscheidung über ein Aussetzen der Valorisierung, also der jährlichen Anpassung der Gebühren an die Inflationsrate, hinausgeschoben und will nun bis spätestens 15. August eine Klärung herbeiführen. Neben der SPÖ sind aber auch die Neos als Juniorpartner in Wien dabei besonders in der Zwickmühle.

Stadtregierung: 2 Euro mehr pro Monat

Für die Wiener ÖVP als Oppositionspartei in der Stadt sorgt der Gebührenstopp der Bundesregierung mitten in der Sommerhitze für eine kräftige Brise an Unterstützung bei den schon jahrelangen Bemühungen, auch in der Bundeshauptstadt ein Aussetzen von Gebührenerhöhungen zu erreichen. Dass Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) die Valorisierung bis zuletzt nicht ausgesetzt habe, sei "unverständlich", meint der ÖVP-Klubobmann im Wiener Gemeinderat, Markus Wölbitsch. Denn gerade Ludwig komme sonst mit "tausend Vorschlägen", wo die Bundesregierung sparen und damit die Menschen angesichts der Rekord-Inflationsrate entlasten könne. "Das halte ich schon für sehr scheinheilig", prangert der ÖVP-Klubchef im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" an. In Wahrheit sei das in der jetzigen "Multikrisensituation fahrlässig", wirft er dem Wiener Bürgermeister wegen der hinhaltenden Position vor.

Im Rathaus wird von Seiten des Bürgermeisterbüros hingegen argumentiert, dass die Zusatzbelastung durch die bevorstehende Valorisierung nicht besonders groß sei. Nach Berechnungen der Rathaus-SPÖ müsse ein Einpersonenhaushalt bei einer Gebührenerhöhung lediglich mit rund 2 Euro mehr an Zahlungen pro Monat rechnen. Das umfasst die Anhebung der Gebühren für Wasser, Müll und Abwasser. Zweites Argument der SPÖ ist, dass sich das Nichtanheben der Gebühren in der Folge in Einsparungen bei den Leistungen auswirke. Die Opposition in Wien hält das allerdings nur für eine Drohgebärde gegen der Bevölkerung.

ÖVP: 95 Millionen Euro Gesamtbelastung

Die ÖVP kommt jedoch auf wesentlich höhere Mehrkosten für die Haushalte. Denn die Valorisierung schlage auch auf die Betriebskosten etwa bei Gemeindewohnungen durch. Darüber hinaus verweist Stadt-ÖVP darauf, dass auch bereits eine saftige Erhöhung der Fernwärme angekündigt worden sei. Die Volkspartei verweist in ihren Berechnungen darauf, dass die Erhöhung der Müll- und Wassergebühren ohne Aussetzen der Valorisierung bei 5,9 Prozent ab Jänner 2023 liegen werde. Die ÖVP kommt für die Jahre 2022 und 2023 auf eine zusätzliche Gesamtbelastung von Haushalten und Wirtschaft von immerhin 270 Millionen Euro, davon 95 Millionen Euro heuer und 175 Millionen Euro im kommenden Jahr. Allein die Erhöhung der Gebühren für Müll, Wasser und Abwasser sowie der Gebrauchsabgaben machen heuer und 2023 jeweils 50 Millionen Euro mehr aus. In die 270 Millionen Euro Gesamtbelastung rechnet die Wiener ÖVP auch die Ausweitung der Parkgebühren seit März dieses Jahres, etwa die Verlängerung der Parkgebühren auch in den Außenbezirken bis 22 Uhr ein, wodurch die Stadt heuer 45 Millionen Euro und 2023 dann 50 Millionen Euro mehr einnimmt.

SPÖ punktet mit Entlastung und Energiebonus

Die SPÖ kontert mit dem Hinweis, dass die rot-pinke Stadtregierung für die knapp zwei Millionen Bewohner Wiens bereits Entlastungsmaßnahmen wie einen Energiebonus umgesetzt habe. An zigtausende Alleinerziehende ist diese Unterstützung bereits ausbezahlt worden.

Auf Bundesebene wird die Gebührenanhebung bereits zum wiederholten Mal ausgesetzt. Der nunmehrige Gebührenstopp gilt bis Juli kommenden Jahres. Der Bund verliert damit rund 19 Millionen Euro an Einnahmen, den Bürgern bleibt eine Zusatzbelastung in diesem Gesamtausmaß erspart. Für Finanzminister Brunner ist das Aussetzen der Valorisierung im heurigen Krisenjahr eine "Selbstverständlichkeit". Laut Gesetz könnte die Gebührenanhebung sogar rückwirkend bis 2011 erfolgen, was dann naturgemäß zu einer besonders kräftigen Erhöhung führen würde.

Vizekanzler Kogler begründet den Gebührenstopp ebenfalls mit der hohen Teuerung, die gerade Haushalte mit niedrigem Einkommen ohnehin belastet. "Gerade bei Gebühren für neue Dokumente ist das Aussetzen der Erhöhung ein einfacher Schritt, den Bund, Länder und Gemeinden sofort machen können", betont er - mit offenkundig bewusstem Seitenhieb auf Wien, das bei einem Verzicht auf eine Gebührenanhebung bisher zögert.