Ist bei der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur (ÖBFA) immer alles in bester Ordnung gewesen? Finanzminister Josef Pröll sieht offiziell jedenfalls keinen Grund, daran zu zweifeln. Am Dienstag wurde im Ministerrat das Gutachten einer Expertenkommission präsentiert, die das Finanzmanagement des Bundes unter die Lupe genommen hat. Pröll interpretiert den Bericht als "gutes Zeugnis für die ÖBFA - auch für die Vergangenheit".
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Zur Erinnerung: Die Expertengruppe war im Juli ins Leben gerufen worden, nachdem der Rechnungshof heftige Kritik an kurzfristigen Veranlagungen der ÖBFA geübt hatte. Diese habe extra Geld aufgenommen, um zusätzliche Gewinne zu erzielen. Etwas mehr als 600 Mio. Euro dieser Mittel hängen bis heute in - wegen der Finanzkrise kollabierten - Investment-Gesellschaften in der Karibik fest. Das tatsächliche Verlustrisiko ist schwer feststellbar. Ende 2008 betrug es rund 380 Mio. Euro - ein Wert, der laut ÖBFA zumindest nicht gestiegen sein dürfte.
Keine Anschuldigungen
Wer nun im - eher allgemein formulierten - Expertenbericht ein bloßes Gefälligkeitsgutachten für den Finanzminister vermutet, könnte damit jedoch falsch liegen: Pröll stützt seine positive Interpretation offenbar darauf, dass das Papier auf explizite Anschuldigungen verzichtet. Nichtsdestoweniger verbirgt sich hinter den vorgeschlagenen Leitlinien jede Menge an gut getarnter Systemkritik - und diese geht weit über die ÖBFA hinaus: Ein Schwerpunkt des Expertenberichts liegt auf dem Verhältnis zwischen dem Finanzministerium als Auftraggeber und der Finanzierungsagentur, die als externe GmbH das Staatsschuldenmanagement des Bundes abwickelt.
Offenbar nimmt das Ministerium über Budget-Sektionschef Gerhard Steger, der ÖBFA-Aufsichtsratschef ist, hier maßgeblich Einfluss. Während in der ÖBFA selbst ein Risikomanagement existiere, vermisst der Vorsitzende der Expertengruppe, Stefan Pichler von der WU Wien, ein solches im Finanzministerium.
Kurz gesagt: Steger hätte in seiner Funktion als Budgetplaner nichts gegen zusätzliche Gewinne der ÖBFA. Einen Risikomanager auf selber Augenhöhe, der gegebenenfalls Einspruch erheben könnte, gibt es aber nicht.
Neuerliche RH-Prüfung
Dass die Experten die Höhe der - notwendigerweise zu haltenden und zu veranlagenden - kurzfristigen Mittel nicht stärker beschränken wollen, ist wohl kein Kniefall vor dem Finanzminister: Schließlich wären mit dem - mittlerweile festgelegten - Limit von 33,3 Prozent des jährlichen Finanzierungsvolumens die Höchststände der Vergangenheit kaum zu erreichen gewesen. Direkte Kritik an den Karibik-Geschäften gibt es im Bericht nicht. Allerdings wird wiederholt auf die notwendige Reputation der Geschäftspartner verwiesen. Steueroasen sollten ausgeschlossen sein, auch Investments in sogenannte Zweckgesellschaften seien zu riskant. Ohne dass dies bisher zu Verlusten geführt hätte, fordert die Expertengruppe zudem den Ausstieg aus der Verschuldung in Fremdwährungen.
Die Experten haben wohl allgemeine Worte gewählt, um ihren Forderungen nicht von vornherein die Chance auf Umsetzung zu nehmen. Nun wird es an der Regierung liegen, die milden Formulierungen nicht misszuverstehen. Immerhin hat Pröll rasche Reformen versprochen. Dass vielleicht doch nicht alles in Ordnung ist, lässt sich auch daraus schließen, dass der Minister eine neuerliche Überprüfung der ÖBFA durch den Rechnungshof angekündigt hat.