Ein kürzlich aufgetauchtes Protokoll zeichnet ein neues Bild vom Entstehen der österreichischen Bundeshymne. Eine Satire auf jüngste Text-Debatten.
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Scheinbar wurde die Bundeshymne nicht von Paula Preradovic gedichtet, sondern vom Wirklichen Kanzleirat Ing. Franz Ballhaus aus dem BKA und Sektionschef DDr. Josef Sessler aus dem Unterrichtsministerium. Hier ein Protokoll, das der "Wiener Zeitung" zugespielt wurde:
14. 11. 1946, Kanzleramt.
Ballhaus: Servus, Pepi. Der Herr Bundeskanzler Figl hat mich beauftragt, den Text für die neue Hymne zu verfassen. Hilf mir bitte. Ich lad dich auch nachher ins Sacher ein.
Sessler: Ich dachte, es soll eine Ausschreibung für den Text geben . . .
Stimmt, aber wir sollen ihn schon schreiben und später als Siegertext ausgeben. So kann kein Blödsinn herauskommen. Immerhin soll das ja die gesungene österreichische Identität werden.
Und wie gehen wir es an?
Locker, Pepi, locker. Also, was fällt dir als Erstes ein, wenn du von einem Ami gefragt wirst, was unser Land so besonders macht?
Nazis? Leberkäsesemmeln? Skifahren? Berge?
Geh bitte, sei ernst. Aber das mit den Bergen hat was. Wer liebt die nicht? Also: "Land der Berge."
Guter Anfang. Jetzt sollten wir was Zukunftsweisendes dazunehmen. So wie Kaprun. "Land mit Strom."
Und das verbinden wir gleich mit der Donau: "Land am Strom." Ist das nicht herrlich doppeldeutig?
Den Bauernbund dürfen wir nicht übergehen. "Land der Berge, Land am Strom. Land regiert vom Agronom."
Und die Kirche muss hinein.
"Land der Berge, Land am Strom, Buckerl vorm Pfarrer und vorm Agronom."
Das ist zu vordergründig. Besser: "Land der Berge, Land am Strome, Land der Äcker, Land der Dome."
Genial. Jetzt noch die Beamten dazu, und wir sind komplett. Wir sind leicht zu beschreiben: "Volk, begnadet für das Schöne."
Sehr gut, das wird der heimliche Code für das Beamtentum.
Die Arbeiter noch: "Land der Hämmer, zukunftsreich!"
"Wer kann, flüchtet übern großen Teich."
Sei ernst, bitte. Was machen wir mit allen anderen?
Hast keine Kirche, kein Amt und keine Gewerkschaft, kriegst gar nichts. Das sind einfach die Söhne. Brav, folgsam und kusch. "Heimat bist du großer Söhne."
Und was ist mit den Töchtern?
Sollen auch brav sein, kommen aber nicht in die Hymne. Sonst repräsentiert sie ja nicht unsere Identität.
Die erste Strophe haben wir schon.
Sollen wir was über unsere Vergangenheit hineinnehmen?
Du meinst das mit den Juden?
Nein, das will doch keiner hören. Wir machen weiter auf Opferrolle. Wir haben seit Ahnentagen ständig irgendeine Last getragen. Wir sind viel geprüft worden. So in der Art. Obwohl wir mitten im Erdteil liegen und uns so um alle bemüht haben.
Ja, aus vollem Herzen. Mittendrin.
Apropos Herz. Gehen wir doch gleich essen. Im Sacher gibt’s heute Rahmherz . . .
Hier endet das unvollständige Dokument. Es wird jetzt von Historikern geprüft. Sollte sich seine Echtheit erweisen, muss die Geschichte der österreichischen Bundeshymne neu geschrieben werden.