Parteien als Mittler haben bei Persönlichkeitswahlen offenbar kaum noch eine Funktion. Die Erfolgsfaktoren sind Fach- und Sozialkompetenz.
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Die Suche nach den Entscheidungsmotiven bei der Bundespräsidentschaftswahl zeigt, wie dilettierende Parteien sich aus dem Spiel nahmen und die Wähler selbst ohne parteiliche(!) Vermittlung ihrer Sehnsucht nach Authentizität und Neuem freien Lauf ließen. Das neue Szenario überraschte alle: die professionellen Interpreten, die Kandidaten selbst, ja den öffentlichen Diskurs insgesamt.
Der Management-Denker Peter Drucker vermittelt klar: "Man führt so, wie man Personal-Entscheidungen trifft." Eine schallende Ohrfeige für die verdutzten Regierungsparteien SPÖ und ÖVP? Nicht nur, lag die erprobte Erfolgsmasche doch auf der Hand, ein Meinungsaustausch, in dem die Bürger ihre Meinung gegen jene der Partei austauschten.
Der Mechaniker der Staatsgeschäfte an der Staatsspitze, wohl erprobt in den Spielwiesen der Parteien mit aufgemotztem Lebenslauf samt peinlicher Kompetenzauflistung, hat ausgedient. Die authentische Persönlichkeit ist gefragt, und damit kippen Berufspolitiker mit einer Sozialisation in der Vielheit der Einfalt (partei)politischer Spielwiesen weg und kommen authentische Persönlichkeiten, deren Lebenswelt eine attraktive Einheit in Vielfalt darstellt, ins Bild. Das wird als das Besondere dieser Wahl 2016 in die Geschichte eingehen:
das erstmalig selbstbewusste Mitmischen, ja das Vorgeben des Taktes durch Persönlichkeiten außerhalb der ausgelatschten Pfade parteipolitischer Rituale, aber auch deren Schwierigkeit, dann in den Mühen des Wettbewerbsalltags zu bestehen: inhaltlich, persönlich und im umfassenden Diskurs.
das galante An-die-Wand-Spielen konventioneller Kandidaten-Attribute, wie vordergründige Polit- und Parteierfahrung, persönliche Kenntnis der Akteure und vermutete Routine.
die Fadesse und Überraschtheit des Gesichtsausdrucks der sogenannten alten, erfahrenen Gäule des Polit-Betriebs, wenn mit Vielfalt und Ausmaß des Nichtankommens beim Elektorat konfrontiert; da zeigte sich trotziges Negieren genauso wie die Suche nach dem Strohhalm.
Die Menschen aber sehnen sich nach Authentizität und nicht nach eitlen Leitfiguren, die vermitteln, in gnadenhafter Huld ihre Kompetenzprofile nochmals feilbieten zu wollen, und in Wirklichkeit doch nur ihr Ego auslüften. Da versagte die Kommunikation einer ganzen politischen Klasse, die uns bis zum Wahltag an ihre Kandidaten samt deren Leistungen von gestern erinnern wollte.
Attraktivität ist aber im Moment zu erbringen. In Abwandlung der Motivationstheorie von Frederick Herzberg müssen Hygienefaktoren stimmen, um Unzufriedenheit oder Ablehnung abzubauen, es sind aber dann die Motivationsfaktoren, die Zufriedenheit, Engagement und Handlung auslösen.
Manchen Kandidaten mögen die bleiernen Rucksäcke eines imagemäßigen Regierungsmalus die Kraft geraubt haben. Die Bürger aber fragten nach Souveränität sowie Zukunfts- und Bürgerorientiertheit.
Beide Regierungsparteien hätten solche Persönlichkeiten gehabt, aber sie wurden nicht gefunden in einer in die Jahre gekommenen Wirklichkeit der Parteien.
Peter Drucker, schau oba!