Für die ÖVP soll die Wahl einen Neuanfang darstellen, die SPÖ sieht darin ein abgekartetes Spiel, das Landeshauptmann-Stellvertreter Jellasitz mit Hilfe der FPÖ an die Spitze des Burgenlandes bringen soll: Die Zusammenarbeit zwischen Sozialdemokraten und Volkspartei ist vorläufig beendet, nun hat der Wähler am 3. Dezember das Wort.
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Auslöser für die vorgezogenen Neuwahlen ist die Affäre rund um die "Bank Burgenland": Durch großzügige Kreditvergabe an den mutmaßlichen Milliarden-Betrüger Gualterio Hom-Rusch schlitterte die Bank im Juni in ein unglaubliches finanzielles Debakel. Die Frage nach einer politischen Verantwortung von Landeshauptmann Stix wurde im Rahmen eines Untersuchungsauschusses zwar zur Genüge gestellt, direkte Hinweise auf Interventionen oder Vertuschungen seitens des Landeschefs zugunsten seines Freundes und Bank-Burgenland Generaldirektors Ernst Gassner konnten allerdings nicht gewonnen werden.
"Sorglosigkeit"
Neutrale Beobachter sprechen von einer "vielfach erschreckenden Ahnungslosigkeit, Sorglosigkeit und Gutgläubigkeit der Verantwortlichen". Trotzdem ist das Wissen um die genauen Umstände des Debakels zum jetzigen Zeitpunkt kaum größer als schon im Juni, zumal die beiden Zentralfiguren Gassner und Hom-Rusch beharrlich schweigen.
Dieses magere Untersuchungsergebnis wird allerdings von den einzelnen burgenländischen politischen Parteien weidlich in ihrem Sinne interpretiert: Am offensivsten geht dabei die ÖVP vor: Für sie ist das "rote Netzwerk" mit Landeshauptmann Karl Stix, der auch Finanzreferent war, allein für das Milliardendebakel verantwortlich. Generaldirektor Gassner nehme durch sein Schweigen vor dem Untersuchungsausschuss willig die Rolle des Sündenbocks auf sich, die ihm die SPÖ aufbürde.
Die SPÖ sieht die Angelegenheit naturgemäß anders. Für sie ist erwiesen, dass Stix durch den Untersuchungsausschuss "eindeutig entlastet" sei und keinerlei Interventionen nachgewiesen werden konnten. Vielmehr gehe es der ÖVP darum, in einem "Machtpoker" mit Hilfe der FPÖ den Landeshauptmann-Sessel für sich zu beanspruchen. Erstes Indiz dafür sei, dass sich FPÖ und ÖVP zu einem gemeinsamen Abschlussbericht in der Causa Bank Burgenland geeinigt hätten und die ÖVP erfolgreich alle Passagen, die auf eine Verantwortung von VP-Chef Gerhard Jellasitz hinweisen, aus dem Bericht "hinausreklamiert" hätte.
FP-Klubobmann Wolfgang Rauter, gelernter Richter und Vorsitzender des Untersuchungsausschusses, hat wiederum eine eigene Sicht auf die verworrenen Verhältnisse. Für ihn liegt der Grund allen Übels im "rot-schwarzen Proporz", die Verantwortung teile sich allerdings im Verhältnis 70:30 zuungunsten der SPÖ auf.
Defizitabbau
Der burgenländische Wahlkampf ist unterdessen voll im Gange: ÖVP-Mann Jellasitz fordert - ganz dem bundespolitischen Trend folgend - einen radikalen Abbau des Landesdefizits. Erreicht werden soll das durch vollständige Privatisierung der Landesgesellschaften, eine Technologieoffensive und langfristige Investitionen in Bildung und Forschung, um "höherqualifizierte Arbeitsplätze im Land zu behalten". Das Burgenland darf "kein Sanierungsfall für die EU werden", so die Parole des ÖVP-Chefs. Was den jüngsten Vorstoß der Bundesregierung in Sachen Einführung von Studiengebühren betrifft, zeigt sich Jellasitz skeptisch: Zumindest eine stärkere soziale Abfederung für Schwächere müsse es schon geben. Konkret will Jellasitz mit der burgenländischen Jugend einen "Leistungsvertrag" schließen: Wer sein Studium in der vorgesehenen Mindestzeit absolviert, soll keinen Schilling zahlen müssen. Kleine Vorbedingung: "Wenn ich Landeshauptmann werde." SPÖ-Spitzenkandidat Hans Nießl kann diesen Überlegungen nur wenig abgewinnen: Es sei doch auffallend, dass nun das Land alles bezahlen solle, was durch den Bund gekürzt werde. Auch sei es fraglich, wie auf diese Art das Landesbudget konsolidiert werden solle, wenn man neue Ausgaben verspreche. Zur Sparpolitik der Bundesregierung fallen Nießl die Worte "unausgewogen, belastend" und "Sozialabbau" ein. Doch sowohl Jellasitz wie auch Nießl sind, nach ihrem Verhältnis zu den andern Parteien befragt, "jederzeit nach allen Seiten offen". Dies sei Hauptmerkmal des "burgenländischen Wegs" und solle auch jetzt nicht über Bord geworfen werden, so Nießl.
Steirisches FP-Debakel
Die burgenländische FPÖ unter ihrem Spitzenkandidaten Stefan Salzl übt sich nach der Wahlschlappe ihrer steirischen Schwesternorganisation in Zweckoptimismus: Den Landeshauptmann-Bonus müsse man nicht fürchten, da Stix ja gehe, so Salzl.
Grete Krojer, Spitzenkandidaten der Grünen, hofft nach den jüngsten Erfolgen in der Steiermark, den Einzug in den Landtag zu schaffen: Das steirische Ergebnis mache Mut.