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Paris · Frankreich verfügt jetzt nicht mehr über die stärkste rechtsextreme Partei Europas, sondern gleich über zwei. Der "Nationalen Front" (Front National/FN) von Jean-Marie Le Pen steht | seit Sonntag die "Front National-Mouvement National" (FN-MN) von Bruno Megret gegenüber.
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Wenn diese gelungene Abspaltung zunächst als politischer Erfolg des ehemaligen FN-"Generaldelegierten" gewertet werden kann, der erst vor zwölf Jahren der Partei Le Pens beigetreten war, so stellt
sich vor allem die Frage, inwiefern diese Verdoppelung des rechtsextremen Lagers die französische Parteienlandschaft beeinflussen wird.
Im Lager der republikanischen Rechten zeigen sich sowohl die Neogaullisten (RPR) als auch die zentrumsdemokratische UDF und die rechtsliberale "Democratie Liberale" (DL) überzeugt, daß die FN-
Spaltung neue Wählerstimmen freimache. RPR-Präsident und Oppositionsführer Philippe Seguin erblickt in den Europawahlen im kommenden Juni die geeignete Gelegenheit, die Anzahl der "Rückläufer" zu
quantifizieren.
Die größte Gefahr für diese Strategie besteht allerdings in einer zu starken Zersplitterung des rechten Lagers. Neben der herkömmlichen Rechten (RPR-UDF-DL) wollen auch der Alleingänger und
Altgaullist Charles Pasqua, der Rechtsnationalist Philippe de Villiers (Mouvement pour la France) und der ehemalige UDF-Politiker Charles Millon (La Droite) im 15 Prozent starken Wählerpotential der
extremen Rechten fischen. Außerdem ist zu erwarten, daß ein Teil der enttäuschten FN-Wähler ins linksextreme Lager überwechselt.
Für Megret jedoch sieht die Realität ganz anders aus. Der frischgebackene Parteipräsident ist überzeugt, daß Le Pens fremdenfeindliche und antisemitischen Äußerungen die FN bisher daran hinderten,
sich aus dem "15-Prozent-Ghetto" zu befreien. "Jeder dritte Franzose hat mindestens einmal in seinem Leben FN gewählt, ich werde versuchen, all diese Wähler auf einmal zu gewinnen", erklärte Megret.
APA