Zum Hauptinhalt springen

Bürgernähe auf Freiheitlich

Von Christoph Rella

Politik
In Bad Fischau stellte der FPÖ-Obmann erneut den Kanzleranspruch.

FPÖ-Chef tourt durch die Bezirke. | Kritik an Minister und EU dominiert. | Lokalaugenschein in Niederösterreich.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 13 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Wiener Neustadt. "Können Sie bitte ein Foto machen?" Rasch reicht Helmut (Name geändert) einen Fotoapparat über den Tisch. Nur wenige Augenblicke später drücken er und seine in Polen gebürtige Partnerin der FPÖ-Landesrätin Barbara Rosenkranz fest die Hand - und lächeln in die Kamera.

Helmut freut’s. Kaum ist die Politikerin Hände schüttelnd wieder in der Menge entschwunden, richtet sich sein Blick erneut in Richtung Eingang. Nein, wegen der Frau Rosenkranz sei er nicht in die Gemeinde Bad Fischau - nur wenige Kilometer von Wiener Neustadt entfernt - gekommen, sagt er. "Ich bin wegen dem HC Strache da, weil das ist der, der was für die Bevölkerung ist." Seine Frau nickt.

Es ist 18.37 Uhr. Der Saal im Gasthaus Fromwald, wohin die lokale Bezirkspartei der FPÖ zum Strache-Treff eingeladen hat, ist bereits gut gefüllt. Draußen im Flur tritt der Wiener Neustädter FPÖ-Chef und Stadtrat Udo Landbauer nervös auf der Stelle. Es ist noch nicht lange her, als der Bundesparteiobmann während eines Wahlkampfbesuchs in Wiener Neustadt in einen Skandal rund um einen angeblichen "Sieg-Heil"-Sager hineingezogen worden war.

Unter den meisten Strache-Fans ist der Vorfall kein Thema mehr. Was die Leute hingegen wurmt, ist die aktuelle EU-Finanzhilfe für Griechenland sowie die angebliche Bevorzugung ausländischer Mitbürger durch den Staat. "Er hat schon oft recht", meint etwa Gerhard aus Bad Fischau, der mit seinem Sohn ins Gasthaus Fromwald gekommen ist, um den FPÖ-Chef zu hören.

Gekommen aus Neugier

Allein der Sohnemann zeigt sich skeptisch. "Die FPÖ ist mit Vorsicht zu genießen", kontert der 18-Jährige dem Vater. Demnach sei er lediglich aus Neugierde hierhergekommen. "Um zu sehen, wie der Strache drauf ist."

Der Student hat den Satz kaum zu Ende gesprochen, kündigen Fanfaren bereits die Ankunft des Stargastes an. Es ist 19.23 Uhr. Heinz-Christian Strache muss sich zuerst einen Weg durch die applaudierende Menge bahnen - begrüßt seine Fans mit Handschlag und tauscht das eine oder andere Küsschen. Als der FPÖ-Obmann mit Helmut für ein Foto posiert, kann der sein Glück gar nicht fassen.

Als sich der Freiheitliche anschließend vom Rednerpult aus an seine Anhänger wendet, wird es ruhiger im Saal. Die Luft ist stickig und rauchgeschwängert. Grund genug für Strache, gleich zu Beginn das neue Tabakgesetz zu geißeln. "Ich bin ja froh, dass da der Wirt noch der Herr in seinem Haus ist und geraucht werden darf", ruft er. Die Raucher danken es ihm mit Applaus.

"Los von Brüssel"

Bald ist der FPÖ-Chef in seinem Element, übt Kritik am EU-Rettungspaket für Griechenland und fordert sogar eine "Los-von-Brüssel-Bewegung". Heftige Breitseiten gegen Minister und die beiden Regierungsparteien folgen: "Die SPÖ bereitet doch schon längst Neuwahlen für 2012 vor", will Strache zuletzt wissen und nennt die "schwächelnde ÖVP" als Ursache. Grund genug für ihn, vor der Anhängerschaft den Kanzleranspruch zu stellen: "Wir sind vorbereitet!"

Die Leute jubeln. "Hoffen wir, dass er wirklich Kanzler wird", meint Helmut anschließend zu seiner Gattin. "Der ist rhetorisch wirklich gut", ruft auch Gerhard seinem Sohn augenzwinkernd zu. Der 18-Jährige schweigt hingegen betroffen. Wie so manch’ anderer im Saal.