Regierung setzt entscheidenden Schritt auf ihrem Reformkurs.
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Rangun. Kawhmu ist in Burma (Myanmar) ein kleines, ländliches und weitgehend unbekanntes Städtchen südlich der Metropole Rangun, das es bisher nie in die Schlagzeilen der Weltpresse geschafft hat. Doch das wird sich in wenigen Monaten ändern. Denn in Kwhmu möchte sich die burmesische Friedensnobelpreisträgerin und international hoch angesehene Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi um einen Parlamentssitz bewerben.
Die Wahlkommission hat die zuvor verbotene Partei Suu Kyis, die Nationale Liga für Demokratie (NLD), wieder für legal erklärt, berichtete die amtliche Zeitung "New Light of Myanmar" am Dienstag. Damit wird die NLD um 50 Parlamentssitze rittern, die bei vermutlich im Frühjahr stattfindenden Nachwahlen vergeben werden. Die Zulassung der NLD, deren Mitglieder jahrelang verfolgt wurden, gilt als ein entscheidender Schritt auf dem Reformkurs, den die Regierung in den vergangenen Monaten eingeschlagen hat. Zuvor wurden schon rund 300 politische Gefangene freigelassen und die Medienzensur gelockert.
Ehemaliger Militär treibt Öffnung voran
Eingeleitet wurde der Reformprozess durch die teilweise Übergabe der Macht von der Armee an eine zivile Regierung. Jahrzehntelang wurde Burma von einer Militärjunta mit eiserner Faust beherrscht und jegliche Oppositionsaktivität unterdrückt. Doch im November des vergangenen Jahres ließ die Armee Wahlen zu. Schlüsselpositionen wie das Verteidigungs- oder Innenministerium blieben aber in den Händen der Armee. Auch Präsident Thein Sein ist ein früherer hochrangiger Militär. Aber er ist auch derjenige, der die Öffnung des Landes vorantreibt.
Bei der Wahl im vergangenen Jahr wurde der NLD noch durch rechtliche Kniffe ein Antreten unmöglich gemacht. Übrig blieben nur ein paar eher unbekannte Oppositionsparteien, die kaum über Leitfiguren verfügten. Sie waren chancenlos gegen die von der Armee gegründete Partei Union für Solidarität und Entwicklung (USDP), die auf staatliche Gelder zurückgreifen konnte. 80 Prozent der Parlamentsmandate gingen in diesem Umfeld an die USDP.
Doch mit der NLD hat die Armeepartei nun einen starken Gegner. Keine Bewegung steht so für den Kampf um Freiheit und Demokratie wie die NLD. Sie hatte bereits 1990 Parlamentswahlen mit 59 Prozent der Stimmen überlegen gewonnen. Die Militärjunta verweigerte damals aber die Übergabe der Macht. Stattdessen setzte eine Repressionswelle ein: NLD-Mitglieder wurden schikaniert, verfolgt und ins Gefängnis geworfen. Galionsfigur Suu Kyi verbrachte nicht weniger als 16 der vergangenen 21 Jahre unter Hausarrest.
Seitdem Suu Kyi Ende vergangenen Jahres freigelassen wurde, sucht Präsident Thein Sein aber den Dialog mit der 66-Jährigen. Und auch die Lady, wie sie von der Bevölkerung respektvoll genannt wird, und ihre Partei sehen nun die Chance, gemeinsam mit den Machthabern Veränderungen in ihrem Land zu gestalten. Allerdings verweist die Opposition darauf, dass viele Dinge noch im Argen liegen: Noch immer gibt es hunderte politische Gefangene, und es befinden sich viele Gebiete, in denen Minderheiten leben, im Kriegszustand.
Die Regierung wiederum weiß, dass ohne eine Zusammenarbeit mit Suu Kyi die EU und die USA ihre Sanktionen gegen Burma nicht lockern werden. Allmählich gehen die westlichen Länder auf das zuvor isolierte Burma zu: US-Außenministerin Hillary Clinton besuchte kürzlich das Land, für Jänner hat sich ihr britischer Amtskollege William Hague angesagt.