Wahlgesetze der Junta verhindern fairen Urnengang. | Neue Konflikte mit ethnischen Minderheiten drohen. | Rangun/Wien. Burma (Myanmar) steht eine Wahl ohne die größte Oppositionsbewegung bevor: Denn die Nationale Liga für Demokratie (NLD) von Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi verzichtet auf eine Kandidatur bei dem von der Militärjunta für Herbst versprochenen Urnengang. Parteisprecher Nyan Win begründete diesen Schritt mit den "ungerechten Wahlgesetzen", die von den Militärmachthabern erlassen wurden.
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Die NLD muss für ihren Entschluss einen hohen Preis zahlen: Eine Nichtregistrierung bei der Wahl hat automatisch die Auflösung der Partei zufolge. Manche Vertreter des NLD-Zentralkomitees wandten sich daher gegen einen Boykott, um ein gänzliches Abdriften der Partei in die Illegalität zu verhindern. Sie blieben aber in der Minderheit. Die Mehrheit schloss sich dem Standpunkt Suu Kyis an, die sich schon vergangene Woche mit Verweis auf die Wahlgesetze gegen eine Teilnahme ausgesprochen hatte.
Tatsächlich sicherte sich das Militärregime seine Vormachtstellung schon im Vorfeld der Wahl durch eine neue Verfassung ab. So bleiben Schlüsselministerien in der Hand der Armee, die sich auch ein Vetorecht gegen Parlamentsbeschlüsse vorbehält.
Auch ein weiterer Passus in der Verfassung löste bei der Opposition Empörung aus: Die Generäle ließen extra festschreiben, dass niemand zur Wahl antreten darf, der mit einem Ausländer verheiratet war oder ist. Das Gesetz schließt die NLD-Anführerin Suu Kyi aus, deren britischer Ehemann Michael Aris 1999 starb. Die 64-Jährige wird aber momentan von der Junta ohnehin unter Hausarrest gehalten.
Insgesamt gibt es in Burma mehr als 2000 politische Gefangene. Das Regime macht keinerlei Anstalten, diese freizulassen.
Ban ist "frustriert"
Auch der UNO-Sonderberichterstatter für Burma, der Argentinier Tomas Ojea Qiuntana, erklärte, er halte die Wahl von vornherein für unglaubwürdig. In dem südostasiatischen Land gebe es keine Meinungsfreiheit, mit einer Lockerung des rigorosen Versammlungsverbots sei nicht zu rechnen. Und UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon verkündete, er sei "frustriert und enttäuscht" über das von der Junta erlassene Wahlrecht.
Auch an einer anderen Front verlieren die Wahlen zusehends an Legitimation, nämlich in den Gebieten der ethnischen Minderheiten. Denn die Junta gab nun der von ihr eingesetzten Wahlkommission das Recht, Ergebnisse in Gegenden zu annullieren, wo "Sicherheitsgründe" eine faire Wahl verhindern. Dies könnte vor allem auf Regionen zutreffen, in denen Rebellenarmeen von Minderheiten den Aufstand gegen das Regime proben.
In dem 48-Millionen-Einwohner-Staat leben etwa 130 Minderheiten, aus denen sich mehr als ein Dutzend Rebellengruppen rekrutieren. Manche Aufständische wie etwa die Armee der Minderheit der Wa oder die der Kachin haben mittlerweile einen Waffenstillstand mit der Junta geschlossen.
Doch auch hier drohen vor der Wahl neue Konflikte. Denn die Militärherrscher verlangen nun von den Waffenstillstandsparteien, dass ihre Verbände zu Grenzwächtern werden und sich dem Kommando der Armee unterstellen. Doch viele Rebellengruppen sträuben sich gegen diese Vorgaben des Regimes.
Brutale Herrschaft
Die vom 77-jährigen General Than Shwe angeführte Junta ist seit 1962 an der Macht. Internationale Organisationen haben immer wieder die schweren Menschenrechtsverbrechen des Militärregimes dokumentiert, etwa Zwangsarbeit, Folter und brutale Übergriffe auf Angehörige von Minderheiten.
1990 hatten die Generäle die letzten Wahlen erlaubt. Doch diese brachten nicht das von ihnen gewünschte Ergebnis. Nachdem die NLD mit einer Vier-Fünftel-Mehrheit einen Erdrutschsieg eingefahren hatte, annullierte die Junta einfach das Wahlergebnis, ließ Oppositionelle massenhaft einsperren und regierte das Land weiter mit eiserner Faust.