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Burma will kein Paria mehr sein

Von Klaus Huhold

Politik

Politische Gefangene könnten freikommen.| Regime fürchtet Abhängigkeit von China und möchte sich öffnen.


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Rangun. Jahrelang war der Westen mit seiner Forderung abgeblitzt: Dass die rund 2100 politischen Gefangenen in Burma (Myanmar) freikommen. Das Regime antwortete darauf nur, dass lediglich gewöhnliche Kriminelle in den Gefängnissen einsitzen würden. Doch nun dürfte ein Wendepunkt erreicht sein: Die erst kürzlich gegründete staatliche Menschenrechtskommission forderte in einem offenen Brief die Regierung auf, Gefangene, die aus Gewissensgründen in Haft sind, freizulassen. Das Schreiben wurde in den staatlichen Medien veröffentlicht - und in diesen erscheint keine Zeile, mit der die Regierung nicht einverstanden wäre. Der Brief wird daher als klares Zeichen gedeutet, dass politische Häftlinge bald freikommen könnten. Auch das Fernsehen in Burma kündigte schon an, dass 6300 Gefangene amnestiert werden. Es machte aber keine Angaben darüber, ob sich darunter politische Häftlinge befinden.

Deren Freilassung wäre jedenfalls ein Meilenstein, damit der Westen ernsthaft über eine Lockerung seiner Sanktionen gegen Burma nachdenkt. EU und USA haben wegen der Menschenrechtsverbrechen der Staatsführung mehrere Offizielle mit Einreiseverbot belegt, zudem gibt es etwa Einfuhrverbote für bestimmte burmesische Waren.

Brutaler Feldzug gegen ethnische Minderheiten

Für eine vollkommene Normalisierung des Verhältnisses zwischen dem Westen und Burma dürfte es aber mit einer Häftlingsamnestie nicht getan sein. Vor allem die USA haben schon öfters deutlich gemacht, dass sie auch ein Ende der Menschenrechtsverbrechen gegen ethnische Minderheiten, die rund 32 Prozent der Bevölkerung ausmachen, fordern. Rebellengruppen verschiedener Ethnien bekämpfen sich mit der Staatsführung - und Menschenrechtler dokumentieren immer wieder die schweren Übergriffe der Armee gegen die Zivilbevölkerung. Dörfer werden niedergebrannt, deren Bewohner willkürlich erschossen.

Ein entscheidender Punkt für die zukünftige Haltung des Westens wird aber auch die Meinung der international angesehenen Oppositionsführerin Aung San Kuu Kyi sein. Sollte sich die Friedensnobelpreisträgerin für ein Ende der Strafmaßnahmen aussprechen, hätte dies starkes Gewicht. Nachdem die Staatsführung Suu Kyi jahrelang geächtet und unter Hausarrest gehalten hatte, führt nun Präsident Thein Sein Gespräche mit ihr. Er setzte auch andere Zeichen der Öffnung, so können lange Zeit verbotene internationale Medien wieder gefahrlos gelesen werden.

Thein Sein ist ein ehemaliger General. Die jahrzehntelang herrschende Militärjunta hat im November vergangenen Jahres wählen lassen und die Macht offiziell an eine zivile Regierung übergeben. Verfassung und Wahlmodus wurden aber so zurechtgestutzt, dass die Armee weiterhin das Sagen im Land hat.

Beobachter sehen verschiedene Gründe für den Reformkurs: Burma soll 2014 den Vorsitz der Südostasiatischen Staatengemeinschaft Asean übernehmen. Das geht aber nur, wenn das Land bis dahin kein Pariastaat mehr ist. Zudem wird durch die Sanktionen des Westens China ein immer wichtigerer Handelspartner für Burma. Die Führung befürchtet aber, in zu große Abhängigkeit von dem mächtigen Nachbarland zu geraten. Ein Ende der Sanktionen würde dem Regime des verarmten aber rohstoffreichen Landes neue Optionen öffnen.

Die Reformer rund um Thein Sein wissen aber, dass sie ein Risiko eingehen. "Wenn wir scheitern, enden wir im Gefängnis", sagte ein anonymer Regierungsvertreter gegenüber "Asia Time Online". Hardliner innerhalb der Armee könnten die Öffnung stoppen, wenn sie ihre Macht gefährdet sehen. Nur allzu gut bekannt ist das Schicksal von Khin Nyunt. Er war von August 2003 bis Oktober 2004 Premier und ging auf die Opposition zu. Schließlich wurde er abgesetzt und vor Gericht gezerrt. Er befindet sich bis heute unter Hausarrest.