Mehr als 2000 politische Gefangene in "Silent Killing Fields". | Singapur. (dpa) Ruhig im Ton, knallhart in der Sache - so kennen ihre Anhänger Aung San Suu Kyi. Die burmesische Friedensnobelpreisträgerin ist trotz 13 Jahren Hausarrest ungebrochen.
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Von Müdigkeit, Schwäche oder Verzweiflung zeigte die 63-Jährige nach Angaben aus Oppositionskreisen beim Auftakt ihres weltweit kritisierten Prozesses am Montag in Rangun keine Spur: Von der ersten Minute an drängte sie das Militärregime in die Defensive. Wenn die Behörden nicht einmal ihren Namen richtig wiedergäben, werde sie nicht am Verfahren teilnehmen, ließ sie nach Angaben aus Oppositionskreisen wissen.
Die Ankläger mussten nachgeben. Sie sprachen die Oppositionsführerin mit vollem Namen an - auch dem Bestandteil, den sie zuerst verweigert hatten: Aung San. Das ist der Name von Suu Kyis berühmten Vater, der als Widerstandkämpfer gegen die Kolonialherren verehrt wird. Es war ein kleiner Sieg für Aung San Suu Kyi.
Kampfgeist hatte sie auch schon im vergangenen Jahr gezeigt: Obwohl sie seit 2003 ununterbrochen unter Hausarrest in Isolation verbracht hat und jede Abwechslung willkommen ist, schlug sie ein Treffen mit dem UNO-Gesandten Ibrahim Gambari aus. Sie ließ ihn einfach am Tor stehen. Der Grund, nach Angaben ihrer Partei: Suu Kyi war wenig beeindruckt von den Vermittlungsbemühungen Gambaris. Dieser hatte trotz zahlreicher Besuche keinen Fortschritt in dem versprochenen Dialog zwischen Regime und Suu Kyi erreicht.
Die 63-Jährige ist die Ikone des burmesischen Widerstands. An ihr hängen die Hoffnungen von Millionen, die von der Militärdiktatur seit 1962 drangsaliert werden. Für eine bessere Zukunft kämpfen allerdings viele Menschen: In den Gefängnissen des Regimes vegetieren 2156 politische Gefangene vor sich hin.
"Silent Killing Fields" - etwa: "stille Todeslager" - nennt die Gefangenenhilfsorganisation AAPP in Mae Sot im thailändischen Exil die Kerker. "Die Situation der Gefangenen wird immer prekärer", sagt einer ihrer Vorsitzenden, Bo Kyi. "Viele werden in abgelegene Gefängnisse geschafft, wo es keine Ärzte gibt und sie oft an Malaria und Tuberkulose erkranken."
Viele Gefangene krank
Die Gefangenen sind auf ihre Angehörigen angewiesen, wenn sie nahrhaftes Essen und Medikamente brauchen. Die Verlegung in teils hunderte Kilometer entfernte Gefängnisse macht das fast unmöglich. 127 Gefangene seien krank und brauchten dringend ärztliche Hilfe, sagt Bo Kyi. Etwa der populäre Komiker Zarganar, der wegen seiner Hilfe für Zyklon-Opfer verurteilt wurde, sowie der bekannte Studentenführer Min Ko Naing.
Den Gefangenen im Insein-Gefängnis in Rangun, wo auch Suu Kyi seit vergangener Woche eingesperrt ist, geht es nicht besser. Bo Kyi weiß das aus eigener Anschauung. Er war dort mehr als sieben Jahre eingekerkert, teils in Isolationshaft in einer kaum zweieinhalb mal dreieinhalb Meter großen Zelle. Als Toilette diente ihm ein stinkender Eimer. Er wurde in Eisenstangen gelegt, geschlagen und gefoltert und musste auf dem Zementboden schlafen.
Suu Kyi wird in einer Baracke festgehalten, die das Regime zynisch als "Gästehaus" bezeichnet. Dort gibt es nach Angaben von Bo Kyi zwar eine Toilette. Dennoch sei es alles andere als komfortabel. Frühere Insassen berichten, der Blick aus dem Zellenfenster falle direkt auf die Hinrichtungsstätte.