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Burmesischer Jurist kämpft für einen Rechtsstaat

Von Alexander U. Mathé

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Robert Sann Aung hat sich den Menschenrechten verschrieben und erhält dafür Morddrohungen.


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"Hast du keine Angst zu sterben?", fragt bedrohlich die Stimme am anderen Ende der Telefonleitung von Robert Sann Aung. Jeden normalen Menschen an der Stelle des berühmten burmesischen Rechtsanwalts würde jetzt die Furcht packen. Denn es ist nicht das erste Mal, dass solche Drohungen ausgesprochen werden. Der Mann, der seit Jahrzehnten für die Menschenrechte in Myanmar kämpft, erhält regelmäßig Morddrohungen, wie er berichtet; er wird per SMS und am Telefon beleidigt und beschimpft. Dass solche Sachen nicht nur dahingesagt sind, zeigt der Fall eines Kollegen von Robert Sann Aung: Der prominente Anwalt U Ko Ni wurde am 29. Jänner 2017 am Flughafen von Rangun mit einem Kopfschuss ermordet. Beiden Juristen gemein ist, dass sie sich seit Jahren darum bemüht haben, die vom Militär aufgesetzte Verfassung von 2008 zu ändern. Denn mit dieser sichern sich die Soldaten einen überproportionalen Anteil der Macht in dem asiatischen Staat. Sie sieht unter anderem vor, dass ein Viertel der Sitze im Parlament - eine Sperrminorität - an Repräsentanten vergeben wird, die das Militär bestimmt. Und so beziehen sich die Drohungen gegen Robert Sann Aung denn auch oft darauf, dass er die Finger von der Verfassung lassen solle. Dennoch führt der 63-Jährige seine Arbeit beharrlich fort. Denn Drohungen und Repressalien kennt er schon seit den Tagen, da er überhaupt erst begonnen hat, Jus zu studieren. Damals, 1974, kam es zu Studentenprotesten, weil die Militärjunta, die die Macht ergriffen hatte, dem ehemaligen burmesischen UN-Generalsekretär U Thant ein Staatsbegräbnis verweigerte. Robert Sann Aung war mittendrin und konnte sich zwar glücklich schätzen, nicht zu den mehr als 100 Studenten zu gehören, die daraufhin von den Militärs erschossen wurden, doch zwei Monate Haft samt hochnotpeinlicher Befragung waren für ihn immerhin noch drinnen. Es sollte nicht das letzte Mal gewesen sein: Sechs Mal wurde er in seinem Leben zum politischen Häftling; Folter inklusive. Dennoch - oder gerade deshalb - verschrieb er seine Arbeit Menschen, die dieselben Erfahrungen gemacht haben. Journalisten, enteignete Bauern, aufbegehrende Studenten - sie alle verteidigte er gratis und unabhängig von den Erfolgsaussichten. "Ich verlange kein Geld. Die meisten Aktivisten in Myanmar sind arm", sagte er der Nachrichtenwebsite "Equal Times". Als es der Junta zu bunt wurde und sie ihm 1993 die Zulassung als Anwalt entzog, machte er als Berater weiter. Mit den Wahlen 2012 und dem beginnenden Demokratisierungsprozess erhielt er die Zulassung zurück. Seither verteidigt er wieder die Unterdrückten und arbeitet - allen Einschüchterungen zum Trotz - an seinem Traum von einem Rechtsstaat in Myanmar.