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Burnout wird zum Politikum

Von Katharina Schmidt

Politik
Ausgebrannt? Burnout-Patienten sind oft monatelang im Krankenstand. Foto: fotolia.com

Rasinger (ÖVP) will Kassenverträge auch für Psychologen. | Hauptverband und Ärztekammer zögern. | Wien. Sie lieben Ihren Job und sind mit Herzblut dabei? Sie sind länger im Büro als alle anderen? Wissen nicht mehr, wie Ihre Freunde heißen? Weigern sich, Aufgaben zu delegieren? Herzlichen Glückwunsch, Sie sind - vielleicht - ein unverzichtbares Mitglied Ihrer Firma. Und vermutlich Burnout-gefährdet.


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Wie jüngst eine Studie von Marketagent.com ergeben hat, ist jeder vierte Österreicher Burnout-gefährdet (die "Wiener Zeitung" hat berichtet). Rund 500.000 Menschen hierzulande leiden bereits jetzt am Burn-out-Syndrom - Tendenz stetig steigend. Rund 30 Prozent der teuren Invaliditätspensionen sind auf psychische Erkrankungen zurückzuführen.

Angesichts dieser Zahlen ist nun eine politische Debatte rund um die Burnout-Prävention ausgebrochen. In ORF-Radio erklärte Gesundheitsminister Alois Stöger, er wolle in den Betrieben ansetzen: Die Arbeitgeber müssten entsprechende Vorsorge treffen. Die Notwendigkeit, bei der Finanzierung von Therapieformen anzusetzen, sieht Stöger hingegen nicht.

Steigerung derKassen-Zuschüsse?

Anders ÖVP-Gesundheitssprecher Erwin Rasinger. Ihm geht die reine Konzentration auf die betriebliche Vorsorge zu wenig weit. Er fordert, dass die Kassen auch die Kosten für die Betreuung durch klinische Psychologen übernehmen. Derzeit ist dies nicht der Fall. Nach dem aktuellen Modell bekommen Patienten mit psychischen Erkrankungen eine Sachleistung - also die Therapie - durch sogenannte psychotherapeutische Versorgungsvereine. Hier ist eine Zuzahlung nicht nötig, sehr wohl aber die Eintragung in eine Warteliste. Die zweite Möglichkeit ist ein "Zuschuss" von 22 Euro zum Honorar des Psychotherapeuten seiner Wahl.

Neben einer Aufnahme der klinischen Psychologen in die Krankenkassen, wie sie etwa der Berufsverband der Psychologen fordert, kann sich Rasinger auch eine Erhöhung der Zuschüsse vorstellen. Ziel sei es, "schnell für viele Abhilfe" zu schaffen. Denn das Problem der psychischen Erkrankungen entwickle sich "rasant weiter", gleichzeitig gebe es durch die eingeschränkten Angebote ein "Zwei-Klassen-Phänomen".

Die Ärztekammer gibt sich in der Frage der Aufnahme der Psychologen in die Kassen zurückhaltend. Die Entscheidung, ob eine psychologische Betreuung notwendig sei, müsse ein Arzt treffen, sagt Vizepräsident Günther Wawrowsky.

Während der Verband für Psychotherapie eine Aufnahme klinischer Psychologen in die Kassen für "bedenklich" hält und stattdessen eine Erhöhung des Zuschusses auf 40 Euro fordert, will auch der stellvertretende Generaldirektor des Hauptverbands der Sozialversicherungsträger, Christoph Klein, keine voreiligen Schritte setzen.

Klein warnt vor "Liste additiven Wahnsinns"

Er verweist vor allem auf die finanziellen Probleme der Kassen, die durch die Aufnahme weiterer Berufsgruppen verschärft würden. "Der Kuchen ist nur einmal zu verteilen", sagt er - würde man immer mehr Berufsgruppen aufnehmen, wäre dies die "Liste des additiven Wahnsinns".

Laut Klein soll Ende des Jahres eine Analyse der Versorgung psychisch Kranker, die der Hauptverband gemeinsam mit der Salzburger Gebietskrankenkasse durchführt, fertig sein. Dann werde man sehen, ob es Defizite gibt. Auch könne man über die Aufnahme der klinischen Psychologen diskutieren, wenn durch deren Einsatz nachweislich Ersparnisse zu erwarten seien, sagt er.

Dass dem so wäre, davon ist die klinische Psychologin Ulrike Steiger-Hirsch vom Psychologenverband überzeugt. Während eine Psychotherapie oft Jahre dauert, seien ihre Patienten durchschnittlich nur vier Monate bei ihr. Anders als Therapeuten, die oft tief in der Kindheit nach Traumata graben, würden klinische Psychologen ergebnisorientierter arbeiten und den Patienten durch Übungen vom Ist-Zustand in den Soll-Zustand bringen. Bei einem Burnout heißt das: Ruhe. Denn anders als eine "normale" Depression äußere sich das Burnout neben der Antriebslosigkeit auch durch Leistungsstörungen und körperliche Probleme. Die Patienten seien dann oft monatelang im Krankenstand - auch Steiger-Hirsch plädiert daher für vorbeugende Maßnahmen.