Zum Hauptinhalt springen

Burschenschafter-Totengedenken sorgt erneut für heftige Proteste

Von Christoph Rella

Politik

Korporierte betrauern die Befreiung vom NS-Regime am 8. Mai als Niederlage.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 12 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Wien. Immer, wenn die Mitglieder des Wiener Korporationsrings (WKR) aufmarschieren, sind auch Gegendemonstranten nicht weit. Und wie zuletzt beim Burschenschafter-Ball am 27. Jänner in der Hofburg müssen die Korporierten neuerlich mit heftigen Protesten rechnen.

Stein des Anstoßes bildet hier wie in den Jahren zuvor das sogenannte "Totengedenken" der Burschen an die gefallenen und vermissten Soldaten der Wehrmacht. Was für die Burschenschafter nur ein "Bekenntnis zum angestammten Volkstum" und Ausdruck des "Ehrenstandpunktes" ist, wie es auf der Homepage des WKR heißt, stößt wiederum in breiten Teilen der Öffentlichkeit auf scharfe Kritik. Grund: Die Burschenschafter würden, indem sie vor der Krypta beim Heldenplatz einen Kranz für die verstorbenen Soldaten niederlegen, gleichzeitig auch jene SS-Angehörige ehren, deren Namen dort in den Gedenkbüchern eingetragen sind, wird kritisiert.

Allerdings richten sich die Protestaktionen nicht nur gegen das Heldengedenken, sondern vor allem gegen die Wahl des Datums. Am 8. Mai 1945 kapitulierte Hitler-Deutschland, wobei dieses Ereignis im WKR vorrangig als "Tag der Niederlage im Weltkrieg" und nicht der Befreiung gesehen wird. Weswegen gleich mehrere Gruppen, darunter die Plattform "Jetzt Zeichen setzen" sowie die Österreichische Hochschülerschaft, für den Abend zu einer Gedenkkundgebung am Heldenplatz aufgerufen haben. Kein Verständnis für das Geschichtsbild des WKR hat auch der Österreichische Cartellverband. Als Antwort auf diesen "Missbrauch" des 8. Mai durch die Burschenschafter laden daher die katholischen Studenten zu einem Gottesdienst "für alle unschuldigen Opfer des Krieges" in den Wiener Stephansdom.

Hunderte Beamte im Einsatz

Zu einer Gegendemonstration aufgerufen hat wiederum die Initiative "Offensive gegen Rechts". Wie sie auf ihrer Website ankündigt, soll der Fackelzug der Korporierten, der ab 20 Uhr von der Mölker Bastei zur Krypta führen wird, verhindert oder zumindest gestört werden. Um Zusammenstöße zwischen den Blöcken zu vermeiden, hat die Wiener Polizei das Areal rund um den Heldenplatz zur "Schutzzone" erklärt und mehrere hundert Beamte abgestellt.

Gedenken im Kanzleramt
Zum ersten Mal findet heuer im Bundeskanzleramt ein Gedenken an die Befreiung vom Nationalsozialismus und an das Ende des Weltkrieges statt. Beginn: Kanzleramt, 11 Uhr

Demonstration gegen WKR
Die Gruppe "Offensive gegen Rechts" hat zur Demonstration und zur Verhinderung des Totengedenkens aufgerufen. Beginn: Uni Wien, 17 Uhr

Gedenk-Kundgebung
Die Plattform "Jetzt Zeichen setzen" gedenkt gemeinsam mit der ÖH der Kriegsopfer und des Sieges über den Hitler-Staat. Beginn: Heldenplatz, 17 Uhr

ÖCV-Gottesdienst im Dom
Um einen Kontrapunkt gegen den "Missbrauch" des Datums durch die Burschenschafter zu setzen, gedenkt der Österreichische Cartellverband in einer Heiligen Messe der NS-Opfer. Beginn: Stephansdom, 18 Uhr

Totengedenken des WKR
Wie in den Vorjahren gedenken die Wiener Burschenschafter im Rahmen eines Fackelzugs des Endes des Zweiten Weltkrieges. Beginn: Mölker Bastei, 20 Uhr