Washington - Es waren "keine guten Tage für die Irak-Politik", kommentierte der ehemalige UNO-Botschafter der USA, Bill Richardson - zumindest aus Sicht der amerikanischen Regierung. Zuerst war am Freitag der Bericht von UNO-Chefwaffeninspektor Hans Blix im UNO-Sicherheitsrat über die Bemühungen der Waffeninspektoren im Irak wesentlich zweideutiger ausgefallen, als im Weißen Haus erwartet worden war. Und am Samstag demonstrierten weltweit Millionen Menschen gegen den drohenden Irak-Krieg. Doch die Kriegsgefahr wurde nur aufgeschoben, nicht aufgehoben.
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Im UNO-Sicherheitsrat sah sich US-Außenminister Colin Powell unvermittelt einer ganzen Front von Ländern gegenüber, die mehr Zeit für die Waffeninspektoren forderten. Lediglich Großbritannien und Spanien plädierten für die US-Position, Frankreich hingegen agierte als Wortführer der Gegner einer Militäraktion, die von einer zweiten Sicherheitsratsresolution legitimiert werden könnte. Der Blix-Bericht fiel diesmal für die US-Position eher nachteilig aus. Der erfahrene Diplomat habe nach seinem letzten Bericht, der den USA eher entgegenkam, nun seine Worte so gewählt, dass er die andere Seite stütze, hieß es in Washington.
Da half auch der beißende Spott in einigen US-Medien über die "Zögerer" in Europa wenig. Die "New York Post", Boulevard-Blatt mit Hang zur Vereinfachung und manchmal Verunglimpfung, brachte auf ihrem Titelbild eine Fotomontage, bei der die Köpfe des deutschen Außenministers Joschka Fischer und seines französischen Kollegen Dominique de Villepin wenig schmeichelhaft durch Tiergesichter ersetzt wurden - und zwar durch Wiesel. Im Amerikanischen bedeuten Wiesel so viel wie Drückeberger - Deutschland und Frankreich waren von der "Post" zuvor bereits als "Achse der Wiesel" bezeichnet worden.
Schwerer wiegt da schon die aktuelle Umfrage von "New York Times" und "CBS": Demnach halten zwar drei Viertel der Amerikaner einen Krieg gegen den Irak mittlerweile für "unvermeidlich". Allerdings ist diese Haltung nicht als Blankoscheck für einen Angriff auf Bagdad zu verstehen. Denn immerhin 59 Prozent der Befragten meinen, der Präsident sollte den Vereinten Nationen mehr Zeit geben. Und 56 Prozent fordern, die USA sollten nur mit Zustimmung der UNO eine Militäraktion beginnen.
Angesichts des Widerstands von allen Seiten gegen ein Vorgehen außerhalb des Rahmens der Vereinten Nationen setzen die USA und Großbritannien voll auf den UNO-Sicherheitsrat. Frühestens am Dienstag wollen sie den Entwurf einer neuen Resolution vorlegen, heißt es in der "New York Times". Und um die Skeptiker in der eigenen Bevölkerung und in anderen Ländern doch noch zu überzeugen solle die Kooperations- und Abrüstungsbereitschaft des Irak mit einem "Test" auf die Probe gestellt werden.
Der "Test" werde von Bagdad unter anderem die Zerstörung von Raketen mit einer größeren als der erlaubten Reichweite, Interviews von irakischen Experten ohne Anwesenheit von irakischen Offiziellen und die unbeschränkte Überflugserlaubnis für Spionageflugzeuge fordern. Komme der Irak diesen Anforderungen innerhalb von zwei Wochen nicht nach, wäre der Weg frei für die Verabschiedung einer zweiten Sicherheitsratsresolution.
Der nächste Bericht der UNO-Waffeninspektoren an den UNO-Sicherheitsrat ist für 1. März geplant - und just zu dieser Zeit herrschen auch günstige Bedingungen für einen Militärschlag: Am 3. März ist Neumond.