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Mit ungewöhnlich scharfen Worten hat US-Präsident Bush Israel zum Stopp des Siedlungs-Ausbaus im Westjordanland und zum Abriss illegaler Siedlungen aufgefordert. Gleichzeitig bekräftigte Bush bei seinem Treffen mit Palästinenserpräsident Abbas die Unterstützung für einen unabhängigen Palästinenserstaat.
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Israel dürfe keine Schritte unternehmen, die gegen die Verpflichtungen des Nahost-Friedensplans Roadmap verstießen und das Ergebnis von Verhandlungen über den endgültigen Status der Palästinensergebiete vorwegnähmen, sagte Bush am Donnerstag nach einem Treffen mit dem palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas in Washington.
Abbas zeigte sich "tief besorgt" über den Ausbau jüdischer Siedlungen in Palästinensergebiet. Sie unterliefen Bushs "Vision" von einem dauerhaften Palästinenserstaat an der Seite Israels und schüfen unter der palästinensischen Bevölkerung "Frustration, Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit", warnte er. Abbas forderte, unmittelbar nach dem geplanten israelischen Abzug aus dem Gazastreifen müssten die Verhandlungen über den Endstatus beginnen. "Wir sollten den Konflikt beenden, bevor es zu spät ist."
Der US-Präsident bekräftigte seine Unterstützung für die Schaffung eines unabhängigen Palästinenserstaats. Er sei überzeugt, dass die Palästinenser dazu in der Lage seien, sich selbst zu regieren und in Frieden mit ihren Nachbarn zu leben, betonte er. Auch Israel könne "von einem unabhängigen Palästinenserstaat profitieren". Die israelischen Truppen müssten sich auf ihre Positionen vom September 2000, vor Beginn des Palästinenseraufstands, zurückziehen, verlangte Bush.
Abbas forderte, der Ausbau der jüdischen Siedlungen müsse ebenso gestoppt werden wie der Bau der israelischen Sperranlage zum Westjordanland. Dies gelte insbesondere für den Teil der Sperranlage um Jerusalem herum. "Es gibt keine Rechtfertigung für die Mauer", sagte er. Bei den geforderten Verhandlungen über den Endstatus der Palästinensergebiete müssten die Fragen der übrigen Siedlungen, der palästinensischen Flüchtlinge, Grenzregelungen, Sicherheitsprobleme und der Zugang zum Trinkwasser geklärt werden. Geregelt werden müsse auch die Frage von Ost-Jerusalem als "Hauptstadt des palästinensischen Staates".
Bush rief die arabischen Staaten dazu auf, den Nahost-Friedensprozess finanziell zu unterstützen. Radikalen Gruppen, die diesen Prozess torpedieren wollten, dürfe keine Hilfe gewährt werden. Er kündigte die Zahlung von 50 Millionen Dollar (fast 40 Millionen Euro) US-Hilfe an die Autonomiebehörde an. Damit sollten neue Wohnungen und Infrastrukturmaßnahmen nach dem israelischen Abzug aus dem Gazastreifen finanziert werden, wo Armut und Arbeitslosigkeit besonders hoch seien.
Bush mahnte, nur durch Gewaltverzicht sei ein Frieden im Nahen Osten und ein souveräner Palästinenserstaat zu erreichen. Diejenigen, die Gewalt als politisches Mittel einsetzten und "terroristische Aktionen" unternähmen, seien "die Feinde des palästinensischen Volkes". Bush beglückwünschte Abbas dafür, dass er "den Terrorismus verurteilt" habe. Die radikalislamische Hamas-Organisation gelte für die USA weiterhin als "terroristische Gruppe". Abbas' Fatah-Partei hatte entschieden, dass die Hamas bei den für Juli geplanten palästinensischen Parlamentswahlen antreten darf. Es war das erste Mal, dass Bush einen palästinensischen Präsidenten im Weißen Haus empfing. Bush hatte jeglichen Kontakt mit Abbas' Vorgänger Yasser Arafat abgelehnt.
Unterdessen erklärten sich überraschend nahezu alle jüdischen Siedler im Gazastreifen zu einer geschlossenen Umsiedelung nach Israel bereit. Die meisten der 1.600 jüdischen Familien in dem Gebiet hätten eine entsprechende Erklärung unterzeichnet, teilte ein Sprecher der Siedler, Eran Sternberg, am Donnerstag mit. Der palästinensische Wohnungsminister Mohammed Shtaje forderte indes eine Zerstörung der Siedlerhäuser. Man könne sich nämlich im dicht besiedelten Gaza-Streifen keine "Luxushäuser" leisten, sagte er in Ramallah. Israel will im Sommer insgesamt 21 Siedlungen räumen.