Zum Hauptinhalt springen

"Bush hat uns manipuliert"

Von Ines Scholz

Politik

Michael Moore gab am Donnerstagabend vor einem begeisterten Wiener Publikum seine kabarettistische Ein-Mann-Politshow zum Besten - die letzte seiner Europa-Tour, in der er für sein neues Buch "Volle Deckung, Mr. Bush" die Werbetrommel rührte. Unpretentiös und gespickt mit einer guten Portion Selbstironie nahm der nicht ganz unumstrittene Guru der amerikanischen Linken und bekennende Amerikaner dabei das US-Gesellschaftsmodell aufs Korn - und zelebrierte vor allem seine berühmte Abrechnung mit George W. Bush und dessen Lügen über den Irak-Krieg: "Wir müssen ihn loswerden, um Amerika zu retten."


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 20 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Sein Fett bekam zum Einstieg in das fast zweistündige Programm im ausverkauften Wiener Volkstheater aber zunächst einmal ein Anderer ab: Arnold Schwarzenegger - "der Österreicher mit der charmanten Einfachheit" (charming simpleness). Seit seiner Wahl zum Gouverneur von Kalifornien glaubten die meisten Amerikaner, "Österreicher sind Bodybuilder, die am ganzen Körper glänzen", witzelt Moore und schlägt vor, dass man ihn selbst im Gegenzug zum österreichischen Kanzler macht.

Danach entschuldigt sich der Bestseller-Autor und Oscar gekrönte Filmemacher, dessen Baseball-Mütze und der Dreitagesbart mittlerweile zum Markenzeichen avancierten, dass er - ein "stupid Fuckin' American" - seinen Vortrag auf Englisch abhalten muss. Bush spreche nicht einmal das gut. "Wir Amerikaner sprechen keine Fremdsprachen. Welche zu erlernen würde unser Gehirn zu sehr anschwellen lassen. Das wäre zu viel Information für uns", lächelt er von seinem Redepult aus seinen Fans zu. Die Europäer sollten sich das zu Herzen nehmen und weniger denken.

"Geographie-Pflichttest"

Mindestens so große Nieten seien die Amerikaner in Geographie, beklagt Michael Moore und nimmt diese Tatsache zum Anlass, gegen den "Kriegswahn" der Bush-Regierung zu wettern. 85 Prozent der US-Bürger könnten laut einer Umfrage den Irak auf der Landkarte nicht finden. "Wenn man einem Land den Krieg erklärt und es bombardiert, sollte man vorher zumindest wissen, wo es sich befindet. Ich verlange daher einen schriftlichen Pflichttest vor jeder Invasion", echauffiert sich Moore, der sich selbst als Pazifist deklariert, und erntet beim vornehmlich jugendlichen Publikum begeisterten Beifall. Auch dass 60 Prozent der Amerikaner nicht wissen, wo Großbritannien, "immerhin der größte Verbündete der USA im Irak-Krieg", liegt, ist dem Autor von "Stupid White Man" unheimlich. "Wie ist es möglich, dass (der britische Premier) Tony Blair seine ganze Zeit darauf verwendet, Bush den Hintern zu küssen und wir wissen nicht einmal, wo er zu Hause ist?".

"Wir werden besser"

Dennoch sieht Moore, der seine politischen Botschaften gerne in plakative Einfältigkeiten verpackt und deshalb oft als tollpatschiger Politclown belächelt wird, hinter dieser Ignoranz keineswegs Böswilligkeit: 11 von 100 Amerikanern fänden nicht einmal ihr eigenes Land auf dem Globus, beschwichtigt er.

Dann wird Moore ernst: Eine derart "desorientierte und verwirrte" Nation sei leicht zu manipulieren - genau das mache Bush, kritisiert der aus Flint (Detroit) stammende Ex-Journalist. Die US-Regierung habe den Amerikanern eingeredet, dass Saddam Hussein Massenvernichtungswaffen besitzt und "mit der El Kaida im Bett war". "Wir wurden belogen; das wissen die Amerikaner jetzt". Deshalb sei auch die Popularität des Präsidenten in nur wenigen Monaten von 80 Prozent auf 48 Prozent abgerutscht. In Vietnam habe die Auflehnung gegen die Kriegspolitik noch Jahre gedauert. "Wir werden besser", freut sich der leidenschaftliche Hamburger-Esser Moore. "Wir haben ein gutes Herz, wir können Gut und Böse unterscheiden, wir wurden nur ein wenig verschaukelt. Glaubt ein bisschen an uns", bricht Moore, der in Europa mit seinem Film "Bowling for Columbine" und seinem Satz "Schande über Sie, Mister Bush" bei der Rede zur Oscar-Preisverleihung bekannt wurde, eine Lanze für seine Landsleute und gegen den in Europa angeblich herrschenden Anti-Amerikanismus - den Moore selbst aber nie ausgemacht hat.