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Bush legt sich mit Peking und Teheran an

Von Peter Wütherich

Politik

Kriegswarnungen an den Iran. | Empfang für Dalai Lama. | Washington. (afp) US-Präsident George W. Bush hat die ganze Spannbreite des mächtigsten Amts der Welt ausgemessen. Er erwies im US-Kongress demonstrativ dem als Friedensikone verehrten Dalai Lama die Ehre, zuvor hatte er kriegerische Worte Richtung Iran geschleudert.


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Er sehe die Gefahr eines "Dritten Weltkriegs" herannahen, sollte der Iran in den Besitz von Atomwaffen kommen, hatte Bush gewarnt. Erst die Kriegswarnung, dann die Ehrbezeugung für den Pazifisten aus Tibet, mit der Bush den Zorn der Führung in China provozierte: Bush macht der Welt klar, dass trotz des absehbaren Endes seiner Amtszeit außenpolitisch mit ihm zu rechnen ist.

Bushs Auftritt mit dem Dalai Lama war ein kalkulierter Affront gegen die kommunistische Führung in Peking. Nie zuvor hatte sich ein amtierender US-Präsident öffentlich mit dem religiösen Führer Tibets gezeigt, den China als Chef einer Sezessionsbewegung dämonisiert. Dem Dalai Lama wurde zudem die höchste Ehrung des US-Parlaments, die Kongressmedaille in Gold, verliehen.

Vor dem diplomatischen Zorn aus Peking ging Bush nicht in Deckung: "Wenn die Religionsfreiheit unterdrückt wird, können die Amerikaner nicht einfach die Augen schließen", sagte er. Bush forderte Peking auf, seine Blockadehaltung zu beenden und den Dalai Lama zu empfangen.

China ist erzürnt

Erbost über die Aufwertung geißelte Peking den Dalai Lama als "politischen Flüchtling, der sich unter dem Deckmantel der Religion für eine sezessionistische Bewegung engagiert". Der Volksrepublik, die Tibet 1950 militärisch besetzt hatte, musste es als Provokation erscheinen, dass das US-Kapitol für einige Stunden wie Tibets Exilparlament wirkte.

Bush dürfte sich von dem Empfang für den weltweit geachteten Dalai Lama eine Verbesserung seines Images im Ausland erhoffen, dass gerade in Menschenrechtsfragen durch den Irak-Einsatz sehr getrübt ist. Im Inland richtet sich der Auftritt an die konservativ-religiöse Klientel, die zur Kernwählerschaft seiner Republikaner gehört. Diplomatisch ist das eine Gratwanderung, denn die USA brauchen China in der Außenpolitik - etwa als Vermittler im Atomstreit mit Nordkorea oder bei der Verhängung neuer UN-Sanktionen gegen den Iran.

Seine Warnung vor einem "Dritten Weltkrieg" verband Bush mit einem Appell an die internationale Gemeinschaft, den Druck auf den Iran zu erhöhen und dadurch einen Stopp des umstrittenen Atomprogramms zu erzwingen. Gemeint war auch China: Die Volksrepublik könnte mit ihrem Veto im UN-Sicherheitsrat jene Verschärfung der Sanktionen gegen den Iran stoppen, auf die Washington drängt. Entsprechend ließ China die USA bei ihrer ersten diplomatischen Vergeltung für die Dalai-Lama-Ehrung seinen Einfluss spüren. Peking sagte ein Diplomatentreffen ab, auf dem über weitere Strafmaßnahmen gegen den Iran beraten werden sollte. Zudem bestellte die chinesische Regierung den US-Botschafter zu sich.