Laut Urteil einer US-Bundesrichterin gehört Eisbär unter Artenschutz gestellt. | Naturschutz contra Ölbohrungen.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 16 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Irgendwo in Alaska sitzt ein Eisbär auf einer rasant schmelzenden Eisscholle. Und viele Amerikaner fragten sich angesichts dieses immer häufiger durch die Medien geisternden Bildes: "Wird George Bush ihn retten?" Nun ist klar: Der US-Präsident muss es tun. Eine US-Bundesrichterin im kalifornischen Oakland hat in dieser Woche angeordnet, dass die Regierung die Eisbären als bedrohte Tierart unter Schutz stellen muss. Und zwar rasch: Der Richter gab der Regierung eine Frist bis zum 15. Mai.
Die Umweltschützer sind erleichtert. "Der Bundesrichter hat diesem wunderbaren Tier noch einmal einen Aufschub gewährt, bevor es ausstirbt", sagt Andrew Wetzler, Direktor einer Hilfsorganisation für bedrohte Tierarten. Sein "Endangered Species Project" hatte bereits 2005 gefordert, die Eisbären unter Schutz zu stellen. Als die Bush-Regierung sich weigerte, reichte Wetzlers Organisation gemeinsam mit anderen Klage ein.
Die nun erfolgte Entscheidung der Bundesrichterin Claudia Wilken ist dabei ein voller Erfolg für die Umweltschützer. Selbst mit der Forderung, die Frist für die Unter-Schutz-Stellung des Eisbären wenigstens bis Ende Juni zu verlängern, blitzte das US-Innenministerium nun ab. Schließlich spiele die Zeit in dieser Angelegenheit eine wichtige Rolle, argumentierte Wilken. Und auch wenn sich das Innenministerium theoretisch über die Entscheidung der Richterin hinwegsetzen könnte, hält das Wetzler für wenig wahrscheinlich. "Die Erkenntnisse der Wissenschaft sind eindeutig. Der Eisbär braucht Schutz."
Der Wind dreht sich
Derzeit leben in der Arktis noch rund 25.000 Eisbären. Sie wandern auf ihren Wegen zwischen Kanada und Russland auch durch Alaska und über die gefrorenen Meere. Im September hatte der staatliche Geologische Dienst der USA vorhergesagt, dass die Zahl der Eisbären in der ganzen Arktis infolge des schmelzenden Eises bis 2050 um zwei Drittel zurückgehen könnte. In den USA könnten sie ganz verschwinden.
Wenn der Eisbär nun als bedrohte Tierart unter Schutz gestellt wird, dann müssten staatliche Stellen alles unterlassen, was die Tiere oder ihren Lebensraum bedroht. Das für Fischerei und Natur zuständige Bundesamt müsste zudem einen Plan entwickeln, wie die Zahl der Eisbären wieder erhöht werden könnte.
Der Eisbär kommt freilich den Interessen des Weißen Hauses in die Quere: Er zieht auch durch Gebiete in Alaska, in denen die letzten großen Öl- und Gasreserven der USA vermutet werden. Und die will die gegenwärtige US-Regierung gern ausbeuten lassen. Würde der Eisbär unter Schutz gestellt, wäre die Förderung vor der arktischen Küste Alaskas in vielen Fällen verboten.
Der Wind hat sich allerdings gedreht. Als 1990 der Fleckenkauz unter Schutz gestellt worden ist, regte sich seitens der Industrie noch heftiger Widerstand dagegen: Für eine unwichtige Tierart würden Forstunternehmen gehindert, die großen Wälder an der US-Pazifikküste zu nutzen, hieß es damals.
"Politisch belastet"
Doch der Eisbär auf seiner schmelzenden Eisscholle ist inzwischen in den USA zum Symbol für die Folgen des Klimawandels geworden. Für viele Amerikaner ist es eine Ungerechtigkeit, dass dieses fernab der Zivilisation lebende Tier unter den Folgen menschlichen Handelns leiden soll.
Doch auch im Umweltschutz geht es weiterhin um mehr als um Wissenschaft. James Inhofe, der republikanische Senator von Oklahoma, nannte den Entscheid der Bundesrichterin politisch belastet. Es gehe dabei nicht um den Schutz des Eisbären, sondern um die Interessen bestimmter Organisation, sagte er mit Blick etwa auf Wetzlers "Endangered Species Project". Inhofe hatte bereits früher den Klimawandel in Frage gestellt. "Dieses Gerede" sei der größte Betrug am amerikanischen Volk. Doch Politiker wie der Senator aus Oklahoma bekommen auch in den USA mittlerweile immer mehr Gegenwind.